High-Rise

Konfuses Untergangs-Kaleidoskop, das die dystopische Gesellschaftskritik von J.G. Ballard durch anarchisches Chaos ersetzt

High-Rise Cover

Ben Wheatley, GB/IRL/B 2015
Kinostart: 30.06.2016
Story: 1975 mietet sich Junggeselle Dr. Laing in der 25. Etage eines futuristischen Londoner Hochhauses ein, das eine autarke Infrastruktur aufweist. Während dessen Architekt Royal im luxuriösen Dachgarten logiert, brechen unterhalb Unruhen aus, die Filmemacher Wilder anführt. Das Gebäude versinkt in Gewalt.
Von Gnaghi

Englands Low-Budget-Genre-Experimentierer Ben Wheatley („Kill List“, „Sightseers“) hat sich für sein Herzensprojekt, die Adaption von J.G. Ballards Kultbuch von 1975, eine Riege angesagter Akteure von Tom Hiddleston (Loki aus „Thor“), Jeremy Irons („Die Unzertrennlichen“) und Sienna Miller („Foxcatcher“) bis Luke Evans (Bard aus „Der Hobbit“) geschnappt und dann munter in die vertikale Betonwüste geschickt.

Im brutalistischen „High-Rise“, dem titelgebenden Hochhaus, dominiert zunächst futuristische Ordnung im 70ies-Look. Das Biotop für Misanthropen bildet einen Mikrokosmos, in dem sich eine zunehmend dysfunktionale Etagengesellschaft immer weiter selbst auseinandernimmt. Das konfliktträchtige System, das Wheatley (minimal satirisch) analysiert, kommt zum Kollaps, zum Zusammenbruch apokalyptischer Ausmaße.

Im Einzelnen symbolreich, im Ganzen uninvolvierend

Immer exzessiverer und dekadentere Partys verbinden sich vermehrt surreal zu einem leider recht konfusen Kaleidoskop, bei dem Wheatley Düsternis, Gewalt, Plünderungen, Mord und Totschlag freisetzt, in den Enthemmungen schwelgt, dabei aber vergisst, irgend etwas (Sinnvolles) zu erzählen. Er verliert sich in 120 Minuten, was im Einzelnen symbolreich, im Ganzen aber einen uninvolvierenden, furchtbaren Verhau ergibt.

In „High-Rise“ gebiert diese Autoren-Manier auf der Suche nach Ballards Vision nur Anarchie von eklatanter Inkohärenz, wobei eine Orgie aus Sex und Gewalt die Klassenkampf-Sozialkritik der Vorlage ersetzt. Ein denkbar schlechter Tausch, der etwas ergibt, das man womöglich als schwarze Komödie bezeichnen kann, wohl aber eher als verunglückte Kreativsession definieren muss, die die Distanz zum Geschehen nie verkürzen kann.

Verfall, Verwüstung und Verrohung

Wheatley gelingt es trotz der erstklassigen Besetzung nie, sein Gesellschaftsdrama und den zivilisatorischen Untergang konkret und packend auszuführen. Er sucht im Diffus-Allegorischen nach Spuren des Verfalls, der Verwüstung und Verrohung. Auf Dauer ist das wenig erquickend oder gar erhellend. Darin ähnelt er „Snowpiercer“, der sich gewissermaßen inoffiziell bereits vor Kurzem J.G. Ballards Dystopie angenommen hatte.

imdb ofdb

Ein Gedanke zu „High-Rise“

  1. Diese Ansicht kann ich nicht ganz teilen. Der einzige Punkt, den der Film nicht ganz klar herausarbeitet, ist, dass die Bewohner des Wohnhauses tatsächlich dieses Chaos wollen, weil es sie von den gesellschaftlichen Zwängen befreit. Schauspielerisch fand ich den Film ebenfalls sehr sehenswert. Der Film ist schon sehr abgedreht, aber ich fand ihn trotz allem ziemlich interessant.

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