Kinostart: 23.06.2016
Nach „Valhalla Rising“ dachte ich, der dänische Regiestilist hätte Genie und Geschmack, nach dem Konsenshit „Drive“ glaubten das alle. Nach „Only God Forgives“ und „The Neon Demon“ sollte jedem klar sein, dass NWR, wie sich der seiner eigenen Coolness Verfallene im Vorspann nennt, weder noch hat. Sondern als Kiddie nur zu oft in der Disco abhing, weshalb er um ein hübsches junges Landei, das in L.A. Karriere als Model macht und an eine misanthropische Szene-Clique gerät, nur eine nichtssagende, substanzlos-selbstverliebte Schwelgerei eines vollendeten Narziss errichtet.
Minutenlang stierende Statuen verwechselt Refn mit Meditation, was die Versenkung in die Schönheit ergebnislos verrinnen lässt. In erbitterter Schlichtheit entwickelt sein stilistischer Minimalismus ein Vakuum, das so oberflächlich und gestrahlt ist wie das, was er zeigt: Die Bitches sind lächerlich, die Figuren Bullshit (Keanu „Matrix“ Reeves: verschenkt. Nur Jena Malone aus „Donnie Darko“ hat in Ansätzen Profil). Refn ist (wie Malick bei „Knight of Cups“) kein Frauenversteher. Er kann nur Männerfilme, was ja keine Schande ist. So korrespondiert sein Neo(n)-Giallo fatal mit dem misogyn-verarmten Frauenbild eines Dario Argento.
Refn ist klar in seinen Star Elle Fanning („Maleficent“) verliebt, kann diese Faszination aber trotz aller Tricks nicht auf den Zuschauer übertragen. Überhaupt beeindruckt die Regie wenig, obschon sie es klar darauf anlegt. Krampfhaft versucht Refn zwei Stunden lang Charisma zu erzeugen, scheitert dabei aber schon im Ansatz. Lediglich optisch ist seine Neon-Video-Lounge-Musik-Kunst ab und an interessant. Seiner manischen Überhöhung von Frauen, die sich schminken, aber fehlt jede Grundlage.
Von den Abgründen eines David Lynch („Blue Velvet“) hat er nichts verstanden, seinem surrealistischen Vorbild Alejandro Jodorowsky („Jodorowsky’s Dune“) wird er ebenso wenig gerecht, Anleihen bei Tourneurs „Katzenmenschen“ sind so beliebig wie die Metaphern Vampire, Tiere, Monster. Nekrophilie und Kannibalismus verkommen zu kruden, kalkulierten Tabuverletzungen ohne jeden Sinn, aber umso mehr Unsinn. „The Neon Demon“ ist ein Society-Drama ohne Drama, „Showgirls“ ohne Sex (dafür mit Prüderie), Horror ohne Horror, kurzum: ein Film ohne alles.
imdb ofdb
Uff. Harte Worte. Ich hatte große Hoffnungen, dass es wieder besser wird, was Winding Refn abliefert.
Ich bin ja auch sehr verwirrt und sprachlos aus der PV gewankt, wobei mich der Film durchaus fasziniert hat – ein schwieriger, sehr schwieriger Fall, den ich nur schwer in Worte fassen konnte…
PS: tolle Seite. Schaue regelmäßig rein.