Verräter wie wir

Stellan Skarsgård und Ewan McGregor überzeugen menschlich in einer John-le-Carré-Adaption mit starker emotionaler Suspense

Verraeter wie wir Cover

Our Kind of Traitor, Susanna White, GB/F 2016
Kinostart: 07.07.2016
Story: Dima, Geldwäscher Nr. 1 für die Russenmafia, muss aus gutem Grund um das Leben seiner Familie fürchten und nutzt in Marrakesch die Zufallsbekanntschaft mit Lyrik-Dozent Perry, um mit dem britischen Geheimdienst MI5 einen Asyl-Deal einzufädeln. Als der scheitert, entschließt sich Perry zu helfen.
Von Jochen Plinganz

Die seit der Jahrtausendwende bereits fünfte Adaption eines Spionageromans von Altmeister John le Carré sitzt nicht mehr so unentschlossen zwischen den Stühlen wie zuletzt „A Most Wanted Man“, sondern findet unter Verzicht auf Action-Standards zu einem Thriller, der personell und emotional so gut funktioniert, dass es sich bei „Verräter wie wir“ um die wohl beste Verfilmung von le Carrés Post-Kalten-Kriegs-Werk handelt.

Vielleicht benötigt es das Gespür einer Frau, dass es Regisseurin Susanna White (die sich mit Titeln wie „Eine zauberhafte Nanny“ nicht gerade für diesen Job empfohlen hat) gelingt, einen Botengang aus Mitleid in ein Spannungswerk umzumünzen, bei dem Moral und Gewissen so stark ausfallen. Dass Ewan McGregor („Star Wars“) humanitäre Hilfe leisten will erklärt indes nicht, wieso er sich wiederholt in Lebensgefahr begibt.

Menschlichkeit ist der größte Trumpf

„Verräter wie wir“ besitzt damit eine Glaubwürdigkeitslücke – die suspension of disbelief will nicht greifen. Sei’s drum. Die Konstellation funktioniert auf emotionaler Ebene und die ist diesmal das ausschlaggebende Kriterium. Susanna White schafft es, ihren Agententhriller ganz aus der Perspektive familiärer Fragen wie Vertrauen und Liebe zu schildern. Die Formulierung persönlicher Beweggründe, die Menschlichkeit ist ihr größter Trumpf.

Dies steht gegen kriminelle Geldwäsche in London, von der Manager, Banker und Politiker profitieren. Das Blutgeld sitzt damit am längeren Hebel, eine bittere Lektion, die das Politische mit Zynismus verbindet und trotz einer nur routinierten Schlusspointe nachwirkt. Denn das Schicksal des großartig aufspielenden Stellan Skarsgård („Der Medicus“) bewegt, ebenso wie McGregor und Naomie Harris („Skyfall“) als Paar zueinander finden.

Das Blutgeld sitzt am längeren Hebel

Dabei verlässt sich White vollständig auf Suspense und erspart uns jedes übergeschnappte Action-Brimborium der üblichen James-Bond-Kategorie („Spectre“). Die einzige Ausnahme bildet eine Helikopter-Explosion, aber auch das ist eigentlich ein emotionaler Moment. Dass selbst ein zunächst skrupellos auftretendes Wiesel wie der MI6-Subalterne Hector (Damian Lewis, „Homeland“) sympathisch-menschlich wirkt, ist die wahre Leistung.

imdb ofdb

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