Kinostart: 02.02.2017
Inzwischen ist die augenfällige Anhäufung amerikanischer Heldenstorys in dieser Saison mehr als bloßer Zufall. Peter Berg, der nach „Deepwater Horizon“ ein weiteres Mal Mark Wahlberg ins Gefecht eines Thrillers mit Message schickt, stemmt den Löwenanteil an einer Selbstvergewisserung, in der sich noch mehr als in den sonst ganz verschiedenen „Sully“ und „Hacksaw Ridge“ die Nation versammelt und enger zusammenrückt.
Einem Dutzend Personen folgt „Patriots Day“ als minutiöse Chronik der Ereignisse, von der Vorbereitung bis zum Doppel-Anschlags-Schock vor laufenden TV-Kameras, der Ersten Hilfe, dem Krisenstab, der entschlossenen, fieberhaften Fahndung, die Tage später heiß läuft, als sich die beiden Zarnajew-Brüder auf der Flucht eine heftige Schießerei mit der Polizei liefern, bis sie im abgeriegelten Watertown schließlich überwältigt werden.
Das induziert eine Menge Suspense, aber noch wichtiger ist „Patriots Day“ das Porträt von Alltagsamerikanern. Die zeigt er zunächst charmant, liebevoll und humorig (Wahlberg, „Transformers“, geht als taffer Cop mit losem Mundwerk und kaputtem Knie voran), später traumatisiert, aber mit unerschütterlichem Willen, gestärkt aus dieser Prüfung hervorzugehen. Die Post-9/11-Botschaft lautet ungeniert: „reaffirm the spirit of the country“.
Okay, wenn ein US-Regisseur mit dem gleichen herzerwärmenden Mitgefühl einen Film über eine pakistanische Hochzeitsgesellschaft machen würde, die von einer Hellfire-Rakete in Stücke gerissen wird – oder dies lediglich in Parallelmontagen zeigte –, wäre man echt beeindruckt. (Oder, historischer Exkurs, gleiches über die Opfer von Dresden oder Nagasaki). Das wäre mutig. Politisch. Und keine Wir-schaffen-das-Propaganda.
Die ist zwar auf höchstem Niveau gelungen, aber über die Attentäter-Brüder, zwei islamistische Wichser aus dem kaukasischen Dagestan, erfährt man eben genau nur das, und: „sie schauen mehr Pornos als Bin Laden.“ Gut, vielleicht will man auch gar nicht mehr wissen. Ganz im Gegensatz dazu: die affirmative Inszenierung von Heimat und Gemeinschaft, für die einige Charakterstars stehen. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Wer’s glaubt.
imdb ofdb