Sam Was Here

Summer of Sam: existenzieller Horror Vacui, der mit Terror in der Einöde einen unerklärlich-vielsagenden Paranoia-Trip entfesselt

Sam Was Here Cover

aka Nemesis, Christophe Deroo, F/USA 2016
ohne deutschen Start
Story: 1998 in der kalifornischen Mojave-Wüste: Vertreter Sam klingelt erfolglos an Trailertüren, als ein rotes Licht am Himmel erscheint. Zunächst begegnet er keinem Menschen, dann jagen ihn Vermummte mit der Waffe, weil ein gewisser Eddy im einzigen Radiosender gegen einen Kinderschänder namens Sam hetzt.
Von Thorsten Krüger

Bizarr, beunruhigend, bedrohlich, unerklärlich: „Sam Was Here“ (auch bekannt als „Nemesis“), das für ein Mikro-Budget in der US-Wüste entstandene Debüt des Franzosen Christophe Deroo, ist ein wahrer Glücksfall. In nur 72 Minuten verdichten sich Einflüsse von John Carpenter, David Lynch (vor allem „Inland Empire“) und Quentin Dupieux (speziell „Rubber“) zu einem spannungsgeladenen, angsteinflößenden Paranoia-Trip.

So kafkaesk wie „Enemy“, so seltsam wie „Resolution“: Deroo erzeugt eine starke Atmosphäre, zu der stimmungsvolle Wüstenpanoramen wie die Synthie-Retro-Klänge der Electro-Formation Christine gleichermaßen beitragen. Er überläd „Sam Was Here“ gleichwohl nicht damit, sondern dosiert fein, deutet nur an und legt sich nie auf eine Interpretation fest, lässt in einer radikal existenzbedrohenden Identitätskrise alle Schrecken schillern.

Der Beginn einer Jagd

Ja, Klinkenputzen ist der Horror: Zunächst stapft Vertreter Sam (Rusty Joiner, bislang nur in Nebenrollen wie „Resident Evil: Extinction“) durch die menschenverlassene Einöde. Alles ist geschlossen, kein Mensch weit und breit, selbst telefonisch erreicht er nur Anrufbeantworter. Eine Vereinsamungsstudie. Doch Sam wird beobachtet – und dann von einem maskierten Cop angeschossen. Der Beginn einer Jagd. Ein Missverständnis?

Wo üble Beschimpfungen per Pager zunächst wie derbe Streiche anmuten, schlägt dies in ein Terror-Szenario um, dessen Drahtzieher ein gewisser Eddy zu sein scheint, der in seltsamen Radiosendungen gegen einen Serienmörder und Kinderschänder hetzt und die Bevölkerung zur Selbstjustiz aufruft, deren Opfer der entsetzte Sam ist. Der in Notwehr töten muss und sich fragt, ob an den Vorwürfen nicht doch etwas dran sein könnte.

Im Zeichen des Bösen

„Sam Was Here“ nutzt seinen klaren, einfachen Ablauf, um subtil alle möglichen Auslegungen zu suggerieren. Der mysteriöse rote Lichtpunkt am sonnenverbrannten Himmel fungiert als dunkler Schicksalsstern, als Zeichen des Bösen – eines von mehreren, die ein Puzzle ergeben, das schräg und scary ist. Ein kleiner, kurioser Stalker-Thriller über Hass und Hetze, Medien und Verfolgungswahn. Wir wünschen Deroo eine große Zukunft!

imdb ofdb

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