Kinostart: 27.07.2017
Wieso fährt Justin Bieber jetzt Fluchtwagen? Darf der noch so spät aufbleiben? Hat der überhaupt schon einen Führerschein? Aber ja doch! Unter Komödien-Spezialist Edgar Wright („Shaun of the Dead“) läuft Teen-Star Ansel Elgort („Das Schicksal…“) zu Hochform auf in einer die Coolness ausbuchstabierenden musikalischen Actionromanze, die einer Musikvideo-Bewerbung von „La La Land“ für „Fast & Furious“ nahe kommt.
Mit „Drive Baby Drive“ hat die deutsche Titelschmiede einmal ins Schwarze getroffen, da der Originaltitel „Baby Driver“ unvorteilhaft an den Animations-Irrsinn „The Boss Baby“ grenzt. Wright greift tief in die Trickkiste und gönnt seinem Babyface, dem Mozart im Go-Kart, einen sehr stylischen Auftritt, der in bester Spiellaune so etwas wie die iPhone-Karaoke-Version vom Konsens-Hit „Drive“ mit Ryan Gosling präsentiert.
Wie bei Refns Kultwerk fällt die erste halbe Stunde sensationell aus, ein Faszinosum, das nach und nach seine klare Linie und die berauschende Choreographie verliert. Das Vollbad in der Popkultur bringt „Drive Baby Drive“ irgendwann zum Überlaufen. Dann ist nicht mehr jeder Song des gediegenen, die Musikhistorie durchstreifenden Samplers aus Rock, Pop, Easy Listening & Balladen ein Treffer. Einige Szenen laufen aus dem Ruder.
Zunächst weiß Wright, worauf es ankommt: Auf Musik. Rhythmus. Takt. Timing. Und verliert dieses Gespür, je länger der Song, äh, Film dauert. Witzig bleibt er stets (wenn Michael Myers mit Mike Myers verwechselt wird oder ein 8-jähriger Nachwuchs-Bankräuber auftritt), büßt aber viel Reiz und Vergnügen ein, weil er das Paradoxon eines braven Blutbads anstrebt, auf halbem Wege zu Tarantino und Walter Hill („Straßen in Flammen“).
Zwischen Thrill, Kill & Gefühl geht „Drive Baby Drive“ irgendwann Banana. Da kann auch Frank Underwood Kevin Spacey („American Beauty“) nicht mehr alles retten, wenn eigentlich wunderbare Verbrechervisagen wie Jon Bernthal („The Wolf of Wall Street“), Jon Hamm („Mad Men“) und Jamie Foxx („Django Unchained“) überdrehen. Immerhin kann Lily James („Cinderella“) als betörendes Romantikzentrum vieles wieder erden.
imdb ofdb
Die erste halbe Stunde ist nicht sensationell, sondern einfach nur nervig, laut, hektisch und massiv übertrieben auf cool gemacht. Und ja, besser wird’s nicht nachher. Kann man Dramatik denn nur noch mit schnellen Schnitten und tonnenweise viel zu lauten Soundeffekten erzielen?
Hat mich wieder mal daran erinnert, warum ich kaum noch neue Filme schau. Und warum ich “The Lobster” so toll fand. DAS war dramatisch, ganz ohne laut.