ohne deutschen Start
Das Beste an „Without Name“ ist, sich vorzustellen, wie gut er hätte sein können. Natürlich ist das auch zugleich das Unerfreulichste am Spielfilmdebüt des Iren Lorcan Finnegan. Den kennt man am ehesten als Urheber des hübsch verstörenden Kurzfilms „Foxes“, der im Vorprogramm der deutschen Veröffentlichung des italienische Gothic-Natur-Chillers „Across the River“ lief. An Letzterem orientiert sich die Geschichte um Prospektor Eric (Nebenrolle in „Belle“), der Vermessungsarbeiten in einem entlegenen alten Wald im ländlichen Irland durchführt.
Dort ereilen ihn Isolation und Paranoia nach alter Kafka-Schule. Doch anstatt sich wie Lorenzo Bianchini nur auf das Szenario zu konzentrieren, kann sich Finnegan nicht entscheiden, was er will – Psychodrama, Eifersuchts-Dreieck oder Folk Horror. So plätschert alles unentschlossen vor sich hin. Dafür wartet „Without Name“ statt der Videocam-Pixel von „Across the River“ mit perfekten Impressionen eines mystisch-unheimlichen Zauberwäldchens in satten Farben, starken Kontrasten und tiefen Schwarz auf: ein ästhetisch erlesener „Blair Witch Project“ ohne Kamera-Schluckauf.
„Without Name“ schraubt sich langsam Windung um Windung in seine entschleunigte M.R.James-Atmosphäre hinein, in die das Grauen kriecht: Anomalien, seltsame Phänomene, Schattenspiele und eine Erics Arbeit sabotierende Präsenz verdichten sich zu einem verrätselten Psychotrip, der letztlich doch mehr frustriert als fasziniert. Anleihen bei zeitgenössischem irischen Horror wie „The Hallow“ und „Shrooms“ liegen in der Natur der thematisch eng verwandten Sache. Zunächst zoomt Finnegan vielversprechend in den namenlosen Schrecken, verliert dann lange den Faden, um im bildgewaltigen Finale mit einer kleinen Leistungsshow zu zeigen, wozu er fähig wäre, wenn er wirklich wollte.
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