ohne deutschen Start
Was das frankokanadische Regie-Pärchen Caroline Labrèche und Steeve Léonard („Lost Cause“) in ihrem Zweitling „Radius“ zeigt, ist einer der Überraschungsfilme des Jahres. Unter ihrer Gänsehaut-Regie geht das Schicksal zweier Seelenverwandter nahe: Der sorgfältige Plot mit beklemmender (Natur)Atmosphäre gewinnt stetig an Suspense, bis sich ein verstörender Twist samt Sci-Fi-Auflösung ins Gedächtnis gräbt.
Ausgangspunkt ist das archetypische Individuum mit Amnesie: Diego Klattenhoff („The Blacklist“) begegnet dem apokalyptisch-unheimlichen Sterben mit kühlem Kopf. Was für ihn einnimmt – und für „Radius“, der ganz ohne Panik und Hysterie, unfassbar unaufgeregt und erwachsen ihn mit einer Jane Doe (Charlotte Sullivan, „Chicago Fire“) extrem vorsichtig ein schaurig-trauriges Geheimnis Stück für Stück entblättern lässt.
Die düster-wolkigen Sommertage in meist freier, abgeschiedener Natur evozieren eine Stimmung, die an Shyamalans „The Happening“ heranreicht, aber keineswegs nur heiße Luft aufwirbelt, sondern sich feinfühlig für die wachsende Chemie seiner beiden bald von der Polizei als Mörder gejagten Protagonisten interessiert und sie dann mit einem gleich doppelt mörderischen Schicksal untrennbar melodramatisch miteinander verschränkt.
Das sucht inszenatorisch an Gänsehaut-Gefühl Seinesgleichen, hat die Ruhe weg und lässt sich Zeit, um ganz mit Bedacht seine emotionale Wucht zu entfalten, die sich nachgerade elektrisierend entläd. Denn das Konzept, alles im Umkreis von 50 Fuß sterben zu lassen, ist nur der Anfang. In seiner doppeldeutigen Konstruktion fragt „Radius“ bewegend, wie man sich von einer mörderische Natur(kraft) ab- und zur Liebe hinwenden kann.
Der Mystery-Thriller läuft etwas versteckt auf dem Fantasy Filmfest 2017 – vermutlich die einzige Gelegenheit, ihn sich im Kino anzusehen.
imdb ofdb
Bislang kein Trailer online – nur dieses Interview bei der Filmpremiere (auf Englisch)