Der seidene Faden

Der seidene Faden Cover

Phantom Thread, Paul Thomas Anderson, US 2017
Kinostart: 01.02.2018

„Der seidene Faden“, der letzte Auftritt vor seinem selbstgewählten Ruhestand, dürfte Ausnahmeschauspieler Daniel Day-Lewis („Lincoln“) eine weitere Oscarnominierung einbringen. Mindestens. Aber auch die Co-Stars, die junge Luxemburgerin Vicky Krieps („Wer ist Hanna?“) und Lesley Manville („Maleficent“), zeigen eine bravouröse Performance. Sie bilden eine delikate Ménage à trois, die kuriose bis skurrile Relation des Modezars Woodcock (Day-Lewis), seiner Muse Alma (Krieps) sowie seiner rigorosen Schwester Cyril (Manville), die das Atelier leitet.

So exquisit formvollendet Paul Thomas Anderson diese Liaison im Historienpastiche eines 50er-Jahre-London in seiner manierierten Wohlstandblase webt, so wenig berührt das Verhältnis von ausgewachsenem Exzentriker, servilem Dummchen und eiskalter Matrone. Wie Andersons vorangegangene Arbeiten, „The Master“ und „Inherent Vice“, lässt sein Vorstoß in die Comedy of Manners à la Ishiguros „Was vom Tage übrigblieb“ und einer Bergmannschen Ehe-Arktis emotional kalt. Und das, obwohl er außer Leidenschaften wenig anzubieten hat.

Kalter Krieg zwischen Künstler und Muse

Lange Zeit hat keine der Figuren in „Der Seidene Faden“ Spaß – das jedoch zum Amüsement des Zuschauers. Was Alma an einem rücksichtslos narzisstischen Misanthropen findet, der ihr im Wechsel mit seiner schwesterlichen Komplizin eine Abfolge von Demütigungen einbringt, bleibt allerdings das Geheimnis eines ohnedies auf jede Erklärung verzichtenden Dramas und somit Motivations- und Glaubwürdigkeitslücke.

Immerhin schimmert in dieser Travestie einer Liebe das Monströse von „There Will be Blood“ durch, was einen Untertitel wie „Die Giftpilzsammlerin“ rechtfertigen würde. Am Ende dieser hübsch angerichteten Rivalität, diesem Kalten Krieg zwischen Künstler und Muse, der eine Replik auf Aronofskys „Mother“ sein könnte, kommt die Perversion zum tragen: Diese beiden verdienen einander und sind glücklich. Eine so abstruse wie ausgebuffte Pointe, die Anderson jedoch immer hart an der Grenze zum Edellangweiler vorbereitet, ein auf 130 Minuten gestrecktes L’art pour l’art.

Max Renn

imdb ofdb

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