Roma

Roma Cover

Alfonso Cuarón, MEX/USA 2018
Streamingstart: 14.12.2018

Seit dem Goldenen Löwen in Venedig gilt „Roma“, das autobiografische Drama von Alfonso Cuarón („Gravity“), als das Arthaus-Ereignis des Jahres und nicht zuletzt Oscarhoffnung 2019. Die in luziden Schwarzweiß-Tableaus vorgetragene Ode an das Hausmädchen Cleo (wie alle Darsteller unbekannt: Yalitza Aparicio) wächst sich alsbald zu einer Verbeugung vor (zwei) Frauen aus, und gewinnt aus seinen Alltagsszenen in einer Mittelklassefamilie aus Mexiko City der frühen 70er Jahre nicht nur ein Familienportrait, sondern auch das einer Gesellschaft und Zeit.

Cuaróns emotional an seinen starken „Children of Men“ heranreichende Kindheitserinnerungen wurden mit Meisterwerken von Vittorio De Sica („Fahrraddiebe“) und Federico Fellini („Roma“) verglichen, andere Kritiker führen nicht zu Unrecht Ang Lee („Der Eissturm“) und Andrei Tarkowski („Der Spiegel“) ins Feld. Bei seiner Liebeserklärung an zwei von Männern betrogene Frauen, die jedoch nicht so allein gelassen sind, wie sie bisweilen denken, blickt der 57-jährige Mexikaner hinter die Kulissen einer Großfamilie, die in politisch unruhigen Zeiten lebt und als Resonanzboden soziopolitischer Entwicklung fungiert, oft genug auch damit kollidiert, besonders als die Studentenproteste für mehr Demokratie 1971 in das von rechten Paramilitärs verbrochenen Corpus Christi Massaker kulminieren.

Resonanzboden soziopolitischer Entwicklung

Plansequenzen und Kameraschwenks durch sorgfältig errichtete (Innen)Räume verfügen eine Mise en Scène, die Cuaróns erstmals seit „Y tu mamá también“ auf spanisch (sowie mixtekisch) gedrehtem Film seine allmählich reifende Intensität verleiht. „Roma“ handelt davon, wie frau Unglück, Unsternen, Gewalt und Härte trotzt, ergänzt durch bisweilen morbide Exkursionen (die Jagdgesellschaft), wie sich Leben und Tod ihren Weg bahnen, wie Mut und Mütterlichkeit Neuanfänge ermöglichen und eine Familie durch Geborgenheit zusammenhalten. Gewisse Parallelen zum Vorjahressieger „Moonlight“ lassen auf gute Chancen schließen, dass der Preissegen für die Netflix-Premiere noch nicht vorüber ist.

Jochen Plinganz

imdb ofdb

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.