Starbesetztes Euro-Märchen für Erwachsene, von Matteo Garrone meisterlich und mit maliziöser Moral vorgetragen
Il racconto dei racconti, aka Tale of Tales, Matteo Garrone, I/F/GB 2015
Kinostart: 27.08.2015, DVD/BD-Start: 03.03.2016
Story: Die Königin von Longtrellis opfert ihren Gatten, um von einem Seeungeheuer einen Albino zu empfangen. Der Herrscher von Strongcliff verfällt dem Sirenengesang einer verunstalteten Vettel und der Potentat von Highhills ist dermaßen in einen Riesenfloh vernarrt, dass er seine Tochter an einen Oger verschenkt.
Von Caroline Lin
Das gibt es noch: Märchenadaptionen, die kein Familienvergnügen anstreben. Der Römer Matteo Garrone, bekannt geworden durch die Mafia-Anklage „Gomorrha“, setzt der gängigen Disney-Putzigkeit („Die Eiskönigin“) und den Fantasyspektakeln mit ihrer Pixelmanie („Der Hobbit“) einen ganz eigenen Stil entgegen, der altmeisterlich von Ruhe, Klarheit, Prägnanz und einer Ästhetik mit kräftiger Farbdramaturgie geprägt ist.
Hochkarätig besetzter, hohler Bilderbogen, mit dem Terrence Malick einmal mehr über Sinnfragen meditiert, aber keine Antwort findet
Terrence Malick, USA 2015
Kinostart: 10.09.2015, DVD/BD-Start: 14.01.2016
Story: Seit sich Erfolgsautor Rick von seiner Frau Nancy getrennt hat, schweift er durch die ausschweifenden Partys von Hollywood. In der Welt des schönen Scheins sucht er Lebenssinn und lässt sich unentwegt mit Frauen ein. Doch weder Models, Stripperinnen noch Verheiratete können seine innere Leere füllen.
Von Caroline Lin
Der „Knight of Cups“, der Glücksritter des Tarot-Blatts, dessen Karten die Kapitel bezeichnen, ist „Batman“ Christian Bale, der, elegant gekleidet, schweigsam und sich sich gekehrt durch seine Existenz und den Film führt, mehr als schlaftrunkener Beobachter, denn als aktiver Partizipant. Wie „To the Wonder“ und „The Tree of Life“ dreht Malick einen weiteren Vers seines ewig gleichen Themas, komplett als Gedankenstrom.
Leises, aber gewaltiges Gedicht und betörende melancholische Meditation gleichermaßen über eine (unerfüllbare?) Sehnsucht
Jan-Willem van Ewijk, D/B/NL/MA/F 2014
Kinostart: 25.06.2015
Story: Mit seinem alten Vater lebt der 32-jährige Fettah in einem marokkanischen Küstendorf von Fischfang und Surftouristen. Als er sich unglücklich in die Holländerin Alexandra verliebt, fasst er den Entschluss, alles zurückzulassen und ihr allein auf dem Surfbrett über den Atlantik nach Europa zu folgen.
Von Caroline Lin
Wer „Atlantic.“ ein Surferabenteuer oder Immigrationsdrama zum afrikanischen Exodus nach Europa nennt, hat nichts verstanden. Das kraftvolle und bildmächtige Zweitwerk des Niederländers Jan-Willem van Ewijk („Nu.“) entzieht sich Kategorien von Action, Thesen und Arthaus, sondern steht weit über ihnen. Genau genommen schwebt er so zeitlos und introvertiert wie seine stille Hauptfigur: kontemplativ, tiefgehend, überwältigend.
Für immer jung: zielpublikumsträchtige, dennoch berührende romantische Fantasie um das Herzschmerzleben einer Alterslosen
The Age of Adaline, Lee Toland Krieger, USA 2015
Kinostart: 09.07.2015, DVD/BD-Start: 19.11.2015
Story: 1935 beendet ein Unfall den Alterungsprozess der 29-jährigen Adaline. Nur ihre Tochter kennt ihr Geheimnis. Als 2013 der charmante Ellis um ihre Hand anhält, bricht sie mit ihrer strikten Regel, allein zu bleiben. Bis sie seine Familie besucht: Ellis Vater William war einst ein Geliebter, den sie verlassen hatte.
Von Caroline Lin
Ungeachtet seines wissenschaftlichen Voice Overs wählt Lee Toland Krieger („Celeste & Jesse Forever“) keine SciFi, sondern einen magisch-märchenhaften Tonfall, der in romantischer Sanftheit ein immer topmodisch ausgestattetes Melodram um Model Blake Lively („Savages“) webt, die sich trittsicher auf weichgespülten Nicholas-Sparks-Terrain bewegt, wofür auch Drehbuchautor J. Mills Goodloe („The Best of Me“) bürgt.
Viggo Mortensen auf einem elementaren Fußmarsch, der vor karger Wüstenwildnis über den Algerienkrieg reflektiert
Loin des hommes, aka Far From Men, David Oelhoffen, F 2014
Kinostart: 09.07.2015
Story: Algerien 1954. Ex-Major Daru hat sich in ein einsames Tal im Atlasgebirge zurückgezogen, wo er einheimische Kinder unterrichtet. Als ihm ein französischer Soldat den Mörder Mohammed übergibt, muss er ihn vor dem Blutrache-Mob schützen. Beide fliehen in die Berge und geraten zwischen die Fronten.
Von Caroline Lin
Der „Herr der Ringe“-Aragorn hat einen Hang zu existenzialistischen Rollen, in denen ihn meist eine düstere Vergangenheit einholt („A History of Violence“). Dazu passt David Oelhoffens Zwei-Personen-Drama „Den Menschen so fern“ perfekt. Nach Albert Camus’ Novelle „Der Gast“ produzierte Mortensen das kammerspielartige Kriegsdrama (meist) unter freiem Himmel vor imponierender, karger Bergwüstenwildnis selbst.
Japanische Coming-of-Age-Gothic, die faszinierend ein geisterhaftes Mysterium webt, ihren enormen Zauber aber wieder einbüßt
Gekijô-ban: Zero, Mari Asato, J 2014
ohne deutschen Start
Story: Seit die von allen bewunderte Aya sich in ihrem Zimmer eingeschlossen hat, sind Nonnen und Eleven einer Klosterschule nahe eines Bergstädtchens in Aufruhr. Als Asumi spurlos verschwindet und ihre Freundin Michi Geister sieht, verdichten sich Gerüchte um einen Fluch, der nur Frauen befällt.
Von Caroline Lin
„Fatal Frame“ – nicht zu verwechseln mit dem lausigen Giallo „Fatal Frames“ – ist die Verfilmung der bei uns als „Project Zero“bekannten japanischen Survival-Horror-Adventure-Reihe, von dem Tecmo seit 2001 fünf Konsolengames programmiert hat. „Bilocation“-Regisseurin Mari Asato widmet sich dem geisterhaften Geheimnis femininer Adoleszenz, was ihr faszinierend kunstvoll gelingt, den Zauber aber nicht wahren kann.
Im siebten Spektakel der Retorten-Franchise setzt es sinnfreie Destruktion Deluxe und Familienkitsch zum Abschied von Paul Walker
Furious 7, James Wan, J/USA 2015
Kinostart: 01.04.2015, DVD/BD-Start: 13.08.2015
Story: Alte Sünden holen die PS-Crew ein, als Ian, der böse Bruder des Gegenspielers Owen, auf Rache sinnt und Anschläge auf das Team verübt. Agent Mr. Nobody finanziert Dom, Brian und Letty, Ian eine ultimative Ortungssoftware samt Hackerin Ramsey wegzuschnappen, um dem Wüterich selbst zu jagen.
Von Caroline Lin
Im Kern bleibt die 2001 gestartete Racer-Reihe trashiges B-Kino, deren tiefergelegte Werbeclip-Coolness und flache Witzeleien unter der (austauschbaren) Spielleitung von Horror-Fachkraft James Wan („Saw“, „Insidious“) erheblich inkompatibel zu Familienkitsch und gravitätischem Ernst bleiben. Eine gewisse Hirnrissigkeit in Geschehen und Gerede ist ja Pflicht, läuft aber nicht mehr so souverän kurzweilig wie in Teil 5 und 6.
Tian jiang xiong shi, Daniel Lee, CHN 2015
DVD/BD-Start: 29.01.2016
Die in China so frequentierte Disziplin der Historienactionepen hat Daniel Lee („Black Mask“, „Three Kingdoms“) auf einen ergriffenen Nationalgesang um interkulturelle Freundschaft und soldatische Primärtugenden wie Loyalität und Opferbereitschaft angewandt. Jackie Chan schaltet trotz einiger tragikomischer Aspekte vorwiegend in den dramatisch-ernsten „Police Story“-Gang. Wie mehrfach erprobt, schmückt sich auch der Blockbuster „Dragon Blade“ mit Hollywoodgrößen – John Cusack („2012“) und Adrien Brody („Grand Budapest Hotel“) – zur besseren weltweiten Verwertbarkeit.
Gefangen im eigenen Körper: Trocken-dokumentarisch, aber liebevoll-berührend fasst die polnische Tragikomödie ein schweres Los zusammen
Chce sie zyc, aka Life Feels Good, Maciej Pieprzyca, PL 2013
Kinostart: 09.04.2015, DVD/BD-Start: 07.09.2015
Story: Polen, 1987. Mateusz, das dritte Kind einer Arbeiterfamilie, leidet an einer zerebralen Bewegungsstörung und kann nicht sprechen, weshalb die Ärzte ihn als geistig behindert einstufen. Ein halbes Leben wird er daheim, später in einem Heim gepflegt, bis man 2008 zufällig einen Kommunikationstest vornimmt.
Von Caroline Lin
Basierend auf einem wahren Schicksal – das Ende zeigt den echten Przemek – fügt sich das trotz eines 25-jährigen Leidenswegs von einem, der sich anderen nicht mitteilen kann, verblüffend leichte, humorvolle und unsentimentale Drama„In meinem Kopf ein Universum“ vom Krakauer Film- und Fernsehregisseur Maciej Pieprzyca in die Tradition von „Schmetterling und Taucherglocke“, „Zeit des Erwachens“ und „Mein linker Fuß“.
Schonungslos ehrliches, zugleich sympathisch-berührendes (Frauen)Drama um eine Alkoholikerin und die Heilung tiefer Wunden
Heath Jones, USA 2014
ohne deutschen Start
Story: Als die junge Säuferin Grace mit schwerem Hangover an einem fremden Strand einer Florida-Kleinstadt fern von daheim erwacht und später volltrunken einen Polizisten angreift, muss sie vor Ort 90 AA-Treffen absolvieren. Obschon in der fürsorglichen Obhut von Café-Besitzerin Sonia, trinkt sie weiter.
Von Caroline Lin
Die hohe Kunst von Heath Jones’ Langfilmdebüt ist es, mit einer echten Unsympathin als Hauptfigur einen bewegenden Film hinzulegen und obendrein mit ihr zu fühlen. Hut ab. Allerdings sind die authentischen Darbietungen in „Grace“ – nicht zu verwechseln mit dem gleichlautenden Dämonenschocker „Grace – Besessen“ – einfühlsam in ein undidaktisches, psychologisch superbes Konzept einer Lebenstherapie eingebettet.
10 Milliarden – wie werden wir alle satt?, Valentin Thurn, D 2015
Kinostart: 16.04.2015
Als Erzähler, Kommentator und Interviewer führt Autor/Regisseur Valentin Thurn durch den Nachfolger seines schonungslosen „Taste the Waste“. So eindrücklich er 2011 die globale Lebensmittelverschwendung anprangerte, kann er in seiner zweiten Doku „10 Milliarden – wie werden wir alle satt?“die Frage der Versorgung von im Jahr 2050 erwarteten zehn Milliarden Menschen nicht beantworten. Einmal, weil seine einschläfernde Stimme (er hätte sich wirklich einen professionellen Sprecher leisten sollen) sich zum saumseligen Stil addiert.
Tinker Bell and the Legend of the NeverBeast, Steve Loter, USA 2014
Kinostart: 30.04.2015, DVD/BD-Start: 08.10.2015
In „TinkerBell und die Legende vom Nimmerbiest“, dem bereits sechsten Animationsauftritt von Disneys Haus-und-Hof-Fee – entstanden im gleichen Jahr wie Teil 5, „Tinkerbell und die Piratenfee“ -, stützt sich Steve Loter (der sämtliche „Kim Possible“-Einsätze leitete) auf Motive aus „Die Schöne und das Biest“. Die tragische Freundschaft fürs Leben zwischen süßer Girlie-Fee und grunzendem Fell-Gigant wurde von Jon Lasseter produziert und dreht sich witzig und zu Herzen gehend um die Frage, ob das fremde Wesen ein Weltenzerstörer oder der Auenlandretter ist.
„Lasseter’s Bones“ ist mitnichten ein Film über den ingeniösen Pixar-Mitbegründer John Lasseter, sondern eine ganz persönliche Doku des britisch-australischen Filmemachers Luke Walker („Beyond Our Ken“), der sich auf eine epische, dreijährige Spurensuche zum Abenteuer und Entdecker Harold Lasseter begibt. Der ist seit einer Expedition in die australische Wüste 1931 verschollen, wo er angeblich eine enorme Goldader vom Gegenwert von bis zu einer Milliarde Dollar fand.
Rob Cohen, USA 2015
Kinostart: 19.03.2015, DVD/BD-Start: 30.07.2015
J-Lo braucht schon einen Auteur wie Steven Soderbergh, um zu brillieren („Out of Sight“), sonst tendieren ihre Auftritte zu „Anaconda“-Niveau. Der Latina-Star ist schauspielerisch wieder ein sicherer Goldene-Himbeere-Kandidat – was im Verbund mit dem gleichermaßen schlecht agierenden No-Name-Cast und der Regie des mit nur vier Millionen Dollar minibudgetierten Frau-in-Gefahr-Thrillers „The Boy Next Door“wunderbar naive Camp- und Trash-Qualitäten hervorbringt.
Andy Wachowski, Lana Wachowski, USA 2015
Kinostart: 05.02.2015, DVD/BD-Start: 25.06.2015
Einen Starlight Express für 175 Million Dollar haben die „Matrix“-Schöpfer Andy und Lana (ehemals Larry) Wachowski mit flashigem Laserlicht, Action-Bling-Bling und überladenem Barock-Bombast zusammengewürfelt. Nach „V for Vendetta“ und „Speed Racer“ verdienen sie sich ihren Spitznamen Schwachkowski-Brüder abermals redlich – die Space-Opera-Fantasy „Jupiter Ascending“ birst vor unfreiwilliger Komik und pathetischen Peinlichkeiten-Paraden: eine Fremdschäm-Orgie in XXL.
Bei J.C. Chandor steht einem redlichen Kaufmann das Wasser bis zum Hals – in einer Crime City wie von Sidney Lumet erdacht
J.C. Chandor, USA 2014
Kinostart: 19.03.2015, DVD/BD-Start: 05.08.2015
Story: 1981 haben Kriminalität und Winter New York in ihrem festen Griff. Zahlreiche Überfälle und Drohungen der Konkurrenz zum Trotz wenden Heizöllieferfirmeninhaber Abel samt Gattin Anna nicht die branchenüblichen schmutzigen Tricks an, auch wenn die Steuerbehörden ihnen in die Suppe spucken.
Von Caroline Lin
Nach seinem Segeltörn „All Is Lost“ kehrt J.C. Chandor, Sohn eines Investmentbankers, wieder zurück zum Wirtschaftsthrillerterrain von „Der große Crash – Margin Call“. Im wie immer selbst geschriebenen Crime-Drama „A Most Violent Year“ erreicht er ungeachtet der hervorragenden Schauspiel-Crew – Oscar Isaac als rechtschaffener Firmenchef, Jessica Chastain als seine resolute Frau – jedoch nicht die Stärke seines Debüts.
Lager- und Leidensdrama nach dem Überlebens-Bestseller um Louis Zamperinis jahrelange KZ-Folterhaft in Japan
Angelina Jolie, USA 2014
Kinostart: 15.01.2015, DVD/BD-Start: 28.05.2015
Story: Der Zweite Weltkrieg beendet die Sportkarriere des jungen italienischstämmigen US-Oympialäufers Louis Zamperini. 1941 stürzt er mit seinem Bomber im Pazifik ab. Als er erst nach 47 Tagen gerettet wird, beginnen neue jahrelange Qualen im Kriegsgefangenenlager des sadistischen Lagerkommandaten Watanabe.
Von Caroline Lin
Sony-Produzent Scott Rudins inzwischen legendäre Schmähung von Angelina Jolie als „minimal talentierter, verzogener Göre“ kann man angesichts ihres handwerklichen Regiegeschicks getrost als widerlegt betrachten, wiewohl weiterreichende Fähigkeiten wahrlich auch nicht vorwerfen. Die Durchhalte-Heldengeschichte amerikanischer Prägung bleibt vor allem wegen des recht einseitigen Scripts unter ihren Möglichkeiten.
Zwei Männer und der Dschungel als still-schönes Schreckensterritorium: bravouröses, realistisches Überlebensabenteuer im Pazifikkrieg
Aaron Wilson, AUS/SGP 2013
ohne deutschen Start
Story: Als am 9. Februar 1942 die japanische Invasion in Singapur beginnt, wird der junge australische Kampfpilot Jim abgeschossen. Er bahnt sich aus den sumpfigen Mangroven den Weg in den Dschungel, wo er auf den chinesischen Widerstandskämpfer Seng stößt. Gemeinsam verstecken sie sich vor den Japanern.
Von Caroline Lin
Das vor Ort in Singapur entstandene Debüt des Australiers Aaron Wilson wurde aufgrund seiner Dialoglosigkeit passenderweise mit J.C. Chandors „All is Lost“ und sogar mit Alfonso Cuaróns „Gravity“ verglichen, ist aber keine detailverliebte Konzept-Action, sondern subtil und bescheiden – wie eine eindringliche Stummfilmfassung von John Boormans „Die Hölle sind wir“, statt Gegnerschaft aber mit schweigsamer Verbundenheit.
aka Journey to the Safest Place on Earth, Edgar Hagen, CH 2013
Kinostart: 19.03.2015, DVD/BD-Start: 25.09.2015
Gorleben ist überall – ein Aufregerthema, das der Schweizer Dokumentarfilmer Edgar Hagen („Someone Beside You“) in „Die Reise zum sichersten Ort der Erde“ entschieden unaufgeregt angeht. Seit Ende der 50er Jahre die ersten AKW ans Netz gingen, haben sich weltweit 350.000 Tonnen hochradioaktiver Atommüll angesammelt. Jährlich kommen 10.000 Tonnen hinzu. Allein: Es gibt bis heute kein Endlager für den strahlenden Sondermüll, wie der international anerkannte Fachmann Charles McCombie nach beinahe 40-jähriger erfolgloser Suche konstatieren muss.
Michael Rossato-Bennett, USA 2014
ohne deutschen Start
Michael Rossato-Bennetts ergreifende Doku über Dan Cohens Bemühungen, mit seiner gemeinnützigen Organisation Music & Memory alte Menschen aus ihrem Demenzschlummer zu reißen, ist ein humanistischer Herzbrecher. Man sieht ihn am besten zusammen mit „Still Alice“, direkt danach, weil er da anfängt, wo das Alzheimer-Drama mit Julianne Moore aufhört. Vor sich hin vegetierende Nursing-Home-Bewohner, trostlos in sich versunken, werden durch das Hören ihrer Lieblingsmusik plötzlich wieder lebendig und so vital wie die engagierte Regie.
Mitreißendes Codeknacker-Drama, das brillant-berührend das britische Mathe-Genie porträtiert – einen vergessen Helden des Zweiten Weltkriegs
aka The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben, Morten Tyldum, GB/USA 2014
Kinostart: 22.01.2015, DVD/BD-Start: 17.06.2015
Story: Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs akquiriert der britische Geheimdienst Cambridge-Mathematiker Alan Turing. Er soll den als unlösbar geltenden Enigma-Code der Wehrmacht knacken. Der arrogante Crack bringt das Team und die Vorgesetzten gegen sich auf. Nur die junge Kollegin Joan hält zu ihm.
Von Caroline Lin
Das nach „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ zweite Biopic eines Cambridge-Genies binnen kurzer Zeit hat die gleichen emotionalen Qualitäten wie das Porträt von Stephen Hawking, fügt im Falle des Mathematikers Alan Turing neben oscarwürdiger Schauspielexzellenz noch treffsicheren Humor, Thrillerspannung und die Tragik eines unbesungenen Helden hinzu, der wegen seiner Homosexualität in den Selbstmord getrieben wurde.
Ethan Hawke erleidet Zeitreise-Schocks in der verwegen konstruierten, frappierend elektrisierenden Retro-SciFi nach Robert A. Heinlein
Michael Spierig, Peter Spierig (The Spierig Brothers), AUS 2014
DVD/BD-Start: 05.02.2015
Story: Nachdem man sein von einer Explosion entstelltes Gesicht chirurgisch rekonstruiert hat, reist ein Zeitagent ins Jahr 1975, um als Barkeeper getarnt den mörderischen „Fizzle Bomber“ zu finden. Er trifft Autor John, der ihm von seiner Geschlechtsumwandlung erzählt. Der Agent macht ihm ein einmaliges Angebot.
Von Caroline Lin
Nach der 13-seitigen Kurzgeschichte „Entführung in die Zukunft“ („All You Zombies“, 1959) von Robert A. Heinlein, gemeinhin für seine „Starship Troopers“-Vorlage bekannt, haben die in Deutschland geborenen australischen Zwillingsbrüder Michael und Peter Spierig keinen durchgestylten SciFi-Thriller à la „Minority Report“ ausgetüftelt, sondern einen retrofuturistischen Noir, der das Hirn verknotet und das Herz berührt.
Big Hero 6, Don Hall, Chris Williams, USA 2014
Kinostart: 22.01.2015, DVD/BD-Start: 11.06.2015
Nun hat die Superhelden-Seuche auch noch Disney infiziert. Nach dem unverhofften Riesenhit „Die Eiskönigin“ – im Vergleich so viel liebenswerter als diese 3D-Entertainment-Fantasy – dient die unbekannte Marvel-Mini-Reihe „Big Hero 6“ (so auch der Originaltitel) als Gerüst für ein anspielungsreiches Comicfan-Universum im Softdrink/Popcorn-Look. Die langjährigen Maushaus-Mitarbeiter Don Hall und Chris Williams, die großartige Scripts für „Küss den Frosch“ und „Mulan“ verfassten, richten einen dürftig-unglaubwürdigen, charakterschmalen Plot auf Kinderniveau an, der sowieso nur den Anstoß zum Eskapismus gibt.
Die ganz dem Kommerzkalkül ergebene, kunterbunte 3D-Familienanimation ist mehr eine nervtötende Kiddie-Pop-Party denn ein Film.
The Book of Life, Jorge R. Gutierrez, USA 2014
Kinostart: 12.02.2015, DVD/BD-Start: 22.10.2015
Story: Die Götter La Muerte und Xibalba wetten, wer von den unzertrennlichen mexikanischen Kindheitsfreunden Manolo, Joaquin und Maria einander heiraten wird. Als die selbstbewusste Maria Manolo den Vorzug gibt, vergiftet ihn Xibalba. Im Totenreich sucht Manolo einen Weg, ihr seine Liebe zu beweisen.
Von Caroline Lin
Opulente Ornamentik, ausufernde Farbigkeit und eine bunt leuchtende Unterwelt – diese fantasievolle Gestaltung ist das Einzige, was sich über Jorge R. Gutierrez’ Animationserstling Positives vermelden lässt. Diese Pfründe verschleudert er aber für einen Chaos-Cartoon-Käse für begriffsstutzige Kids, bei dem es auch nicht hilft, dass ihn der Meister der Dark Fantasy, Guillermo del Toro („Pan’s Labyrinth“), mitproduziert hat.
Ein Mann wird gejagt: Im erst zweiten Spielfilm nach seinem erfolgreichen Schulhorrorthriller „Death Bell“ von 2008 unternimmt der ehemalige Musikvideoregisseur Yoon Hong-seung, der sich der Einfachheit halber Chang nennt, den seltenen Fall eines Asien-Remakes einer französischen Thrillerhatz, Fred Cavayés wendungsreich-atemlosen „Point Blank – Aus kurzer Distanz“, der 2011 auf dem Fantasy Filmfest lief. Wie eine andere kürzliche Fernost-Fassung eines okzidentalen Originals, die Samurai-Moritat „The Unforgiven“ nach Eastwoods „Erbarmungslos“, weiß auch die südkoreanische Interpretation einer gallischen Verfolgungsjagd ihre Akzente zu setzen und Cavayé knapp auszustechen.