Archiv der Kategorie: Kino

Exit Marrakech

Unentschlossene Marokko-Reise, auf deren Weg Oscarpreisträgerin Caroline Link viele Möglichkeiten liegen lässt.

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Caroline Link, D/FR 2013
Kinostart: 24.10.2013, DVD/BD-Start: 08.05.2014
Story: Internatsschüler Ben reist aus Bayern nach Marokko, um widerwillig seine Ferien beim fremden Scheidungsvater zu verbringen, der in Marrakesch als gefeierter Theaterregisseur ein Festival inszeniert und sich nicht um den 17-Jährigen schert. So reißt der mit Hure Karima aus, bis ihn sein Vater sucht.
Von Thorsten Krüger

Im Nachhinein wirkt „Jenseits der Stille“ wie ein wunderbarer Ausrutscher und der Auslandsoscar für „Nirgendwo in Afrika“ wie eine krasse Fehlentscheidung. Nicht, dass „Exit Marrakech“ ein schlechter Film wäre. Aber in ihm steckt ein richtig guter, der nur nicht heraus darf. So, wie der Junge aus dem Luxushotel, Kulturkolonialismus und der Kontrolle seines Erzeugers ausbricht, versucht auch die Story aus ihrem formelhaften Roadmovie-Entwurf auszuscheren.

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Der Schaum der Tage

Michel Gondry stürzt in das verschrobene Reich seiner Kreativ-Phantasmen, nervt aber mit ausgestellter Brillanz.

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L’écume des jours, Michel Gondry, FR/BE 2013
Kinostart: 03.10.2013
Story: Auf der Feier einer Bekannten trifft Colin, ein wohlhabende Tagträumer und Erfinder skurriler Geräte, Chloé und verliebt sich in sie. Beide heiraten und ziehen in Colins Wohnung, wo sie sein Vertrauter Nicholas bekocht. Noch auf der Hochzeitsreise erkrankt Chloé unheilbar und ist durch keine Therapie zu retten.
Von Thorsten Krüger

Der für seine verspulten Phantasmagorien so verehrte wie berüchtigte Michel Gondry („Vergiss mein nicht“) nimmt sich des 1947 veröffentlichten Kultromans von Boris Vian an und bombardiert einen expositionslos mit einem Füllhorn an skurrilen Effekten und Eigenbau-Basteleien (in CGI-Stop-Motion), die eine hippe Girlande mit Kuriositäten im Vintage-Look bilden, aber nicht mehr sind als die Summe ihrer Teile. Wem „Holy Motors“ zu profan war, der ist hier richtig.

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Zimmer 205 – Traust du dich rein?

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205 – Zimmer der Angst, Rainer Matsutani, D 2011
Kinostart: 04.04.2013 DVD/BD-Start: 30.09.2013

Fader Mix aus Studentenmystery, Psychothrillerwahn, Kriminalfall und Geisterhorror, bei dem Rainer Matsutani („Nur über meine Leiche“, „666 – Traue keinem, mit dem Du schläfst!“) abermals unterstreicht, was für ein trostloser TV-Routinier er ist. Erschreckend (neben dem üblen Titel) ist an dem deutsche Remake des kassenträchtigen, künstlerisch aber wenig berühmten dänischen „Room 205“ bestenfalls die Einfallslosigkeit, mit der in kalten Bildern ein fürchterlich konstruiertes Isolations-Szenario mit unsympathischen Visagen heraufbeschworen wird.

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Not Fade Away

Eine Garagenband scheitert: Musikdrama vom „Sopranos“-Erfinder über den Blues des Erwachsenwerdens und Sixties-Rock’n’Roll.

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David Chase, USA 2012
Kinostart: 26.09.2013
Story: New Jersey in den Sixties: Drummer Doug und seine Teenband träumen vom großen Erfolg. Doch während die Stones rocken und rollen, krebsen die Jungs als namenlose Kellercombo herum. Doug rebelliert gegen den strengen Vater, findet in Grace endlich eine Freundin und entscheidet sich zum Filmstudium.
Von Thorsten Krüger

Wow, dieser Film ist pure Melancholie – aber keineswegs humorlos. Ein Musikdrama mit Seele, übers Erwachsenwerden im New Jersey der Sixties, ein White Man’s Blues zur Zeit von Vietnam und Rassenunruhen. Der bereits 67-jährige „Sopranos“-Schöpfer David Chase erweist sich in seinem Kinodebüt als echtes Nachwuchstalent und verarbeitet Jugenderinnerungen zum Coming of Age, das authentisch Lebensgefühl und Zeitkolorit einfängt.

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Paranoia

Attraktiv besetzter Wirtschaftsspionage-Thriller, der als vorhersehbares Moraldrama seinem hippen Edelglanz-Look erliegt.

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Robert Luketic, GB 2013
Kinostart: 19.09.2013
Story: Adam fühlt sich um seine Karriere betrogen, weshalb er zugreift, als ihm der gerissene Konzernchef Wyatt einen hochdotierten Job anbietet. Jedoch muss der ambitionierte Elektroniktüftler bei der Konkurrenz, Wyatts Feind Goddard, in der hochgesicherten Entwicklungsabteilung anfangen und Firmengeheimnisse ausspionieren.
Von Max Renn

You’re Next

Horror, Terror, Gewaltgroteske: Adam Wingard übertreibt es gewaltig mit seinem Belagerungs-Szenario zwischen „Das Fest“ und „Assault“.

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Adam Wingard, USA 2011
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 13.03.2014
Story: Kaum haben die wohlhabenden Davisons ihr weitläufiges Landhaus bezogen, um mit ihren vier Söhnen und deren Anhang ihren 35. Hochzeitstag im familiären Kreis zu feiern, schießen maskierte Unbekannte, die bereits die Nachbarn ermordeten, mit Pfeilen und belagern ihre Opfer die Nacht hindurch.
Von Gnaghi

Als wolle er einen mustergültigen Nägelbeißer vom Stapel lassen und einen Show Case seines kompetenten Könnens abliefern, zeigt der derzeit angesagte Adam Wingard („A Horrible Way to Die“), wie fulminant er die Stilmittel beherrscht, vom Start weg eine fast permanente Bedrohung aufzubauen und vornehmlich durch volle Lautstärke zu erschrecken.

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Ich fühl mich Disco

Feinsinnig, tragikomisch, ergreifend: (Schlager)Musik und Fantasie transzendieren Pubertätsleiden von Schicksalsschlag bis Coming Out.

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Axel Ranisch, D 2013
Kinostart: 31.10.2013
Story: Der sensible Florian steckt mitten in der Pubertät und ist nur glücklich im Schlagergesangsduett mit seiner unverkrampften Mutter. Als die nach einem Schlaganfall im Koma liegt, muss er sich mit seinem verständnislosen Vater herumschlagen, entdeckt seine Homosexualität und verliebt sich in den Falschen.
Von Thorsten Krüger

Sensationell sensible wie erschreckend echte Tragikomödie aus der „Das kleine Fernsehspiel“-Qualitätsschmiede über das Erwachsenwerden, den Abschied von der Mutterliebe und die Qualen des Coming Out. Rosa-von-Praunheim-Schüler Axel Ranisch beweist in seiner fantasievollen Liebeserklärung an die eigene Jugend, wie frisch, frech und hervorragend deutsches Kino sein kann, wenn man nur spontan und talentiert ist.

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Riddick

Grober Schotter: Vin Diesels dritter Auftritt als SciFi-Antiheld ist liebloser, breitgetretener Macho-Krampf ohne Verve.

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David Twohy, USA/UK 2013
Kinostart: 19.09.2013
Story: Schwerverbrecher Riddick erwacht im Erdgrab auf einem menschenleeren, öden Wüstenplaneten, wo die aggressive Raubtierfauna ihn sogleich verspeisen will, aber den Kürzeren zieht. Über eine Notsignalstation lockt der Einzelkämpfer Kopfgeldjäger in Fallen, bevor eine Regennacht mit Monsterkreaturen naht.
Von Gnaghi

Von allen drei Sci-Fi-Actionern um Bad Ass Riddick ist der abermals von David Twohy gescriptete und realisierte dritte Part der schwächste. Anders als das aufgeblasene Epos „Chronicles of Riddick“ knüpft er an den zu Kultstatus avancierten „Pitch Black“ an, der Diesels Karriere initiierte. Statt dieses knackigen Reißers ist „Riddick“ ein 38 Millionen schweres B-Movie im schlechtesten Sinne, das sich als breitgetretener Macho-Käse zum erschreckenden Schotter knapp neben dem dumpfen „Soldier“ platziert.

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Finsterworld

Distanziertes Ekel-Panorama über die Macken eines deutschen „Short Cuts“-Ensembles. Will Tiefgang, erzeugt aber nur Banalität.

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Frauke Finsterwalder, D 2013
Kinostart: 17.10.2013, DVD/BD-Start: 09.04.2014
Story: Ein Tag im Leben von Fußpfleger Claude mit Hunger auf Hornhaut, Polizist Tom, der gern ein Bär wäre, seiner frustrierten Freundin Franziska, die als Dokumentarfilmerin scheitert, Lehrer Nickel und seiner Schulklasse, die zur Geschichtsstunde nach Dachau reisen. Ihre Wege kreuzen sich unangenehm.
Von Max Renn

Frauke Finsterwalders gemeinsam mit Christian Kracht entworfener deutscher „Short Cuts“ entwirft ein distanziertes Panorama über das Befindlichkeitsgedusel eines von eigenen Manien, Marotten und Macken besessenen Vollspacken-Ensembles. Die tragikomische Satire ist dermaßen fasziniert von den Spleens, dass sie den Typen beim spinnen, philosophieren und wie sie anderen das Leben zu Hölle machen zusieht. Und hält einen auf Distanz: Im gequälten Mit- und Gegeneinander mit seinen beziehungsunfähigen Fetischisten erregt niemand auch nur eine Spur Empathie, geschweige denn Sympathie.

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Love Eternal

Auf den Spuren von „Kissed“: morbide Ballade um einen Einzelgänger, der über Zärtlichkeiten mit toten Mädchen ins Leben findet.

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Brendan Muldowney, IRL 2013
Kinostart: 22.05.2014, DVD/BD-Start: 18.07.2014
Story: Von Kind auf ist Einzelgänger Ian von Toten fasziniert. Beim Versuch sich das Leben zu nehmen, wird er Zeuge eines Familiensuizids und nimmt die tote Tochter mit heim, um ihr bis zum Verfall nahe zu sein. Einem Onlinedate verhilft er zum Selbstmord, aber mit der trauernden Naomi wird alles anders.
Von Thorsten Krüger

Einen etwas anderen Beziehungsfilm, der über Leben und Tod räsoniert, hat der Ire Brendan Muldowney („Savage“) nach dem Buch Loving the Dead von Kei Oishi (Vorlage zu „The Grudge“) arrangiert: Eine introspektive Dark-Wave-Ballade, die Gothic nicht stylish, sondern mental in ein Mood Movie überträgt, das mitunter zum Poesie-Rausch anhebt, in seiner zerdehnten Morbidität oft aber einfach nur gepflegt langatmig wirkt.

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Wir sind die Millers

Die primitive Roadmovie-Comedy um ein zur Familie zusammenwachsendes Misfit-Quartett ist eine witzlose Sitten-Freakshow.

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We’re the Millers, Rawson Marshall Thurber, USA 2013
Kinostart: 29.08.2013
Story: Nachdem er ausgeraubt wurde, schuldet der harmlose Marihuana-Dealer David seinem größenwahnsinnigen Zulieferer Geld. So muss er zwei Tonnen Gras aus Mexiko über die Grenze schmuggeln und bezahlt Stripperin Rose, Nachbars-Idiot Kenny und Ausreißerin Casey, damit sie als Scheinfamilie die riskante Tour tarnen.
Von Thorsten Krüger

Rawson Marshall Thurber unterbietet das Niveau von „Voll auf die Nüsse“ spielend und hat für seine Freakshow amerikanischer Sitten einen Roadtrip im RV mit einem Misfits-Quartett erkoren, das – offenbar träumen selbst Drogendealer in Amerika von nichts anderem – sich streitend zur Familie zusammenrauft. Krass fehlbesetzt ist darin Jennifer Aniston als Stripperin, so unsexy und bieder wie einst Demi Moore, wofür es hoffentlich die Goldene Himbeere gibt.

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R.I.P.D.

„Men in Black“ mit untoten Comicmonstern und wechselhaften Effekten: zwischen lasch und launig pendelnde Buddy-Fantasy-Komödie.

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Robert Schwentke, USA 2013
Kinostart: 29.08.2013
Story: Als Nick von seinem korrupten Partner niedergeschossen wird, landet der Bostoner Cop nicht im Himmel, sondern im „Rest in Peace Department“, einer jenseitigen Polizeibehörde, die Tote aufspürt. Mit Marshall Roy entdeckt Nick einen apokalyptischen Plan, dem seine Witwe zum Opfer fallen soll.
Von Gnaghi

Weitgehend witzlose Comicreihen-Adaption, die der wandlungsfähige Robert Schwendtke („Die Frau des Zeitreisenden“) als „Men in Black“ mit Toten und mitunter sagenhaft künstlichen Computereffekten umsetzt. Seine metaphysische Buddy-Komödie entwickelt käsiges Flair, wenn die Monster-Polizei beim Lösen übernatürliche Fälle einer apokalyptischen Verschwörung auf die Spur kommt.

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Die Unfassbaren – Now You See Me

Schwungvoll-elegante Katz-und-Maus-Mystery, die sich selbst mit David-Copperfield-Tricks an der Nase herumführt.

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Now You See Me, Louis Leterrier, FR/USA 2013
Kinostart: 11.07.2013
Story: Nach einer mysteriösen Einladung raufen sich vier mäßig erfolgreichen Einzel-Illusionisten zu den „Four Horsemen“ zusammen, die in großen Live-Shows ihr Publikum mit Bankraubzügen verblüffen und anschließend mit der Beute beschenken. FBI und Interpol stellen ihnen mit Hilfe eines Branchen-Veterans verbissen nach.
Von Thorsten Krüger

Eigentlich funktionieren Kartentricks im Kino nicht, weil das Kino selbst ein großer Trick ist. Aber in der rasant-charmanten Mystery vom Franzosen Louis Leterrier („Kampf der Titanen“) führen sich die Protagonisten so schwungvoll-elegant an der Nase herum, dass der aufpolierte David-Copperfield-Caper-Spaß einer glitzernden Zaubershow aus Las Vegas gleicht.

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Star Trek: Into Darkness

Actionreiches Entertainment-Paket, das mit Terrorismus und Kriegstreiberei ferner denn je von Roddenberrys Friedensvision liegt.

Star Trek Into Darkness Cover

J.J. Abrams, USA 2013
Kinostart: 09.05.2013, DVD/BD-Start: 12.09.2013
Story: Kaum wurde Heißsporn Kirk wegen eines Direktiven-Verstoßes des Kommandos über die U.S.S. Enterprise enthoben, erhält er es im Zuge eines den Tod seines Mentors fordernden Terroranschlags zurück, um in einer Geheimmission Terrorist Harrison in Klingonengebiet zu jagen. Doch jemand spielt falsch.
von Thorsten Krüger

Star Trek Teil 12, oder Nummer zwei nach dem Reboot von „Lost“-Guru J.J. Abrams, rekurriert auf den Original-Nachfolger „Star Trek II: Der Zorn des Khan“, indem er den mit starker Präsenz fesselnden Benedict Cumberbatch („Der Hobbit“) als Übermenschenzüchtung Khan einer Racheagenda folgen lässt.

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Der Butler

Erhebende Chronik der Bürgerrechtsbewegung aus Sicht eines unpolitischen schwarzen Butlers, der sieben US-Präsidenten diente.

The Butler Cover

The Butler, Lee Daniels, USA 2013
Kinostart: 10.10.2013, DVD/BD-Start: 27.02.2014
Story: Im Kindesalter erfährt Plantagensklave Cecil das Grauen der Leibeigenschaft und wird zum „Hausnigger“ erzogen. Nach seiner Flucht erlernt der Mittellose das Dienen bis zur Perfektion, was ihn als Butler 1957 ins Weiße Haus bringt. Während sein Sohn für seine Rechte protestiert, dient Cecil schweigend sieben Präsidenten.
Von Thorsten Krüger

Von Onkel Toms Hütte bis Obamas Präsidentschaft: Die Chronik der Bürgerrechtsbewegung verbunden mit biografischem Familiendrama rafft fast 60 Jahre amerikanische (Kultur)Historie aus der Perspektive eines Schwarzen, lose basierend auf dem Leben von Eugene Allen. Im ersten Oscarbeitrag der Saison, der einen absurden Namensrechtsstreit mit den Warner-Wichten gewinnen musste, um ins Kino zu dürfen, ist eine erhebende Schulgeschichtsstunde, die Obama als Krönung dieses Change idealisiert.

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The Congress

Zwischen melodramatischer Filmbiz-Satire und Animationstrip in die Fantasie reflektiert Ari Folman die Zukunft von Kino und Menschen.

The Congress Cover

Ari Folman, Israel/D 2013
Kinostart: 12.09.2013, DVD/BD-Start: 13.06.2014
Story: Da sie keine Rollen mehr erhält, verkauft die Schauspielerin Robin Wright die Rechte an ihrem ewig jungen digitalen Ich an ein Hollywood-Studio für 20 Jahre, in denen sie von der Bildfläche verschwinden muss. Nach dieser Frist reist sie zu einem Kongress, wo sie mit einem neuen Medikament in ihre Vorstellungswelt flüchtet.
Von Thorsten Krüger

Who Framed Robin Wright? Nach seinem Welterfolg „Waltz With Bashir“ nimmt sich der Israeli Ari Folman des SF-Propheten Stanislaw Lem an. Sehr frei nach Der futurologische Kongress mixt er melancholische Filmbiz-Satire mit einem wilden Animationstrip. Wie es „Being John Malkovich“ oder „JCVD“ vorgemacht haben, spiegelt Robin Wright ihr reales Leben als Metaebene zu einem selbstironischen, humorvollen Vexierspiel über verblassten Starruhm und das gnadenlose Filmgeschäft (mit einem degoutant zynischen Danny Huston), das die totale Käuflichkeit von Menschen erörtert.

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Portugal Mon Amour

Der Wohlfühlkomödienhit um Lebenslügen und Geheimnisse portugiesischer Einwanderer in Paris bewegt mit Gefühl und Vitalität.

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Cage dorée, Ruben Alves, FR 2013
Kinostart: 29.08.2013
Story: Die Immigranten Maria und José sind als Concierge und Vorarbeiter im Diensten ihrer Herren in Paris unverzichtbar, die das hart ackernde Ehepaar seit Jahrzehnten bedenkenlos ausbeuten. Als eine unverhoffte Erbschaft mit Fußangel die Rückkehr in die Heimat ermöglicht, wollen die Arbeitgeber sie mit List und Tücke an sich binden.
Von Thorsten Krüger

Französische Euro-Kulturkomödie, die ihr tolles Ensemble (u.a.: Joaquim de Almeida) und seine Zwickmühlen ernst nimmt, dabei Wohlfühlkino mit emotionalem Schmackes und die Melancholie des portugiesischen Fado mit Lebenslügen und Lebenslust verbindet. Der Zauber von Paris entfaltet sich in warmherzigem Tonfall, blumenbunten Bildern und vitalen Figuren. Eine Immigrantenkomödie mit Culture-Clash und Sozialkritik über Zerrissenheit und die Heimat im Herzen.

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Alphabet

Plädoyer für eine andere Bildung als jene Konkurrenz-Schmiede, die aus Kindern die Untertanen einer Leistungsgesellschaft formt.

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Erwin Wagenhofer, Ö/D 2013
Kinostart: 31.10.2013, DVD/BD-Start: 23.05.2014
Story: China geht voran bei einem auf Leistung getrimmten Schul- und Ausbildungssystem, westliche Länder stehen dem verstärkt von PISA-Regeln normierten Lernen in nichts nach, wenn es darum geht, Druck auf Kinder auszuüben und sie zu konformen Konsumenten zu erziehen. Dabei ginge es auch anders.
Von Thorsten Krüger

Der Abschluss von Erwin Wagenhofers Doku-Trilogie, bestehend aus „We Feed the World“ über die globale industrielle Nahrungsmittelproduktion und „Let’s Make Money“ über Geldflüsse und Gier, vertritt die These, dass Bildung unsere Begabungen und unseren Geist zuverlässig zerstört. Über 110 lang geratene Minuten mit etwas tröpfelndem Informationsfluss beweist das der Wiener Regisseur unkommentiert allein über sich abwechselnde Interviews, Beobachtungen und selbst erklärende Features.

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The World’s End

Sauftour-Schwank, der nach witziger erster halber Stunde zur ermüdenden Kneipenschlägerei mit Alien-Invasion verkommt.

The World's End Cover

Edgar Wright, GB 2013
Kinostart: 12.09.2013
Story: 1990 scheiterte die Kneipentour von Anführer Gary und seiner vierköpfigen Gang kurz vor dem Ziel. Heute, mit Anfang 40, will der großmäulige Loser sein schönstes Erlebnis vollenden und überredet seine beruflich arrivierten Kumpanen trickreich zur Rückkehr ins Kaff ihrer Jugend. Wo ihnen humanoide Roboter an den Kragen wollen.
Von Thorsten Krüger

Das britische Comedy-Team Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost vollendet seine Cornetto-Trilogie, die „Shaun of the Dead“ und „Hot-Fuzz“ umfasst. Wieder steht eine Kneipengeschichte mit Weltuntergang in Provinzengland an: in der ersten halben Stunde eine urkomische Satire auf Männlichkeit, Erfolg, Freiheit und Glück. Mit Wortgefechten zwischen einem spätpubertären Loser (Simon Pegg als aufgekratzter Gockel) und seinen längst erwachsenen Freunden, die er mit dreisten Lügen zur Sauftour überredet.

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Silvi

Das Coming-of-Age einer Berlinerin mit 47 sucht wahrhaftige Gefühle, bringt aber nur Ressentiments gegen Männer zustande.

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Nico Sommer, D 2013
Kinostart: 03.10.2013, DVD/BD-Start: 01.09.2014
Story: Über 30 Jahre fruchtlose Ehe hat Silvi erduldet, jetzt hat sie ihr Mann einfach stehen lassen und die unerfahrene Ostberlinerin sucht Anschluss am Partnermarkt, will Leben und Liebe nachholen. Sie findet aber nur Rammler, Aussteiger mit Faible für Koks und S/M sowie den vermeintlichen Glücksgriff Thomas, der sich als größter Spinner entpuppt.
Von Sir Real

Berliner Schule, vor allem Andreas Dresen („Halt auf freier Strecke“), etwas Amos Kollek („Sue“): Sie standen Pate für den direkten Handkamerastil des 29-jährigen Nico Sommer („Stiller Frühling“), der mit Jump Cuts und Alltagsrealismus zwischen Doku und Fiktion agiert, Interviews einbaut und seiner Hauptfigur nie von der Seite weicht. Das tragikomisch gemeinte Portrait einer späten Emanzipation kommt Lina Wendel, die an diversen TV-Serien mitwirkte, emotional sehr nahe, auch wenn das proletarisch-geistlose Milieu einer prosaischen Welt jede Poesie vermissen lässt. Aber die drei Schlager von Gitte Hænning, so kitschig sie sein mögen, beschreiben treffend Silvis Gefühlszustände – das beste Stilmittel in einem sonst frugalen Film.

Dating-Irrsinn mit „Dinner für Spinner“-Programm

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White House Down

„Olympus Has Fallen“ als Buddy-Komödie mit Herz am rechten Fleck und, wegen teurer Effekte, satter Action fürs Familienpublikum.

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Roland Emmerich, USA 2013
Kinostart: 05.09.2013
Story: Kriegsveteran John bewirbt sich gerade für den Secret Service, als einheimische Terroristen das Weiße Haus stürmen und Geiseln nehmen, darunter Johns kleine Tochter Emily. Sie haben es auf Präsident Sawyer abgesehen, der sich mit Johns Hilfe im Gebäude versteckt, bis ihn Verräter aus den eigenen Reihen ans Messer liefern.
Von Gnaghi

Der Plot ist der gleiche: „Die Hard“ im Weißen Haus mit Anleihen bei „Air Force One“. Statt so grimmig-brutal wie Antoine Fuquas xenophober Reißer zu marschieren, frönt Roland Emmerich beim Zerstören seiner Lieblingsimmobilie (siehe „Independence Day“) einer leidlich unterhaltsamen Mixtur aus Familienkitsch, Patriotismus und Pathos, bemüht Lincoln und uramerikanische Werte für ein manipulatives, edel glänzendes Starkino, das keinen Anhaltspunkt für seinen bösen Flop am US-Boxoffice liefert. Die Actionkomödie ist zumindest sympathischer als „Olympus Has Fallen“.

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Upside Down

Visuell betörende „Metropolis“-Dystopie, in der ein Liebespaar Schwerkraft und Grenzen aufhebt.

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Juan Solanas, CA/FR 2012
Kinostart: 22.08.2013
Story: Adam und Eden leben in gegensätzlichen Welten, die Kopf an Kopf grenzen. Als Jugendliche treffen sie sich heimlich auf schneeumtosten Berggipfeln, bis Scharfschützen der Polizei die Romanze brutal beenden. Jahre später trifft Adam sein Mädchen wieder. Doch die hat Amnesie, ist eine Büroetage und doch eine Welt von ihm entfernt.
Von Thorsten Krüger

Der Argentinier Juan Solanas bringt südamerikanischen magischen Realismus in eine kühlblau temperierte „Metropolis“-Dystopie, die man getrost als Ausbeutungs- und Apartheids-Metapher auf Industrienationen und Entwicklungsländer lesen kann: Romeo & Julia aus haarscharf aneinander grenzenden Planeten überwinden mit ihrer Liebe Schwerkraft und Verbote. Die visuell phantastische SciFi-Romanze in einer märchenhaften Dark City ist der wohl erste 3D-Film seit „Avatar“, bei dem raumtiefe Bilder wirklich Sinn machen und ein schwindelerregendes Erlebnis erzeugen, das einem buchstäblich den Kopf verdreht.

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