Charakterstars entfachen in dem bildwuchtigen, eindringlichen und düsteren Arthaus-Western/Gewaltdrama ein misogynes Martyrium
Martin Koolhoven, NL/F/D/B/S/GB/USA 2016
Kinostart: 30.11.2017
Story: Die stumme Hebamme Liz floh in eine entlegene Siedlung im Wilden Westen vor ihrer Vergangenheit, bis sie davon in Gestalt eines teuflischen Reverends wieder eingeholt wird: Der vernarbte Prediger hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Familie zu töten und sie für vermeintliche Sünden zu bestrafen.
Von Thorsten Krüger
Mit seiner internationalen Produktion „Brimstone“ legt der Niederländer Martin Koolhoven („Mein Kriegswinter“) ein derart ungemütliches Exerzitium von Perversion und Sadismen gegen Frauen hin, dass man sich in einer Art Heimsuchung wähnt – so als hätte Lars von Trier („Antichrist“) den Western „Das finstere Tal“ verfilmt. Handwerklich ist das großartig, aber in jeder Hinsicht too much und letztlich ungenießbar.
Und täglich grüßt das Todestier: Konzept-Whodunit, der konventionell, komisch und kurzweilig einen Slasher-Thriller in Endlosschleife abfährt
Happy Death Day, Christopher Landon, USA 2017
Kinostart: 16.11.2017
Story: Nach einem Filmriss erwacht die biestige Studentin Tree verkatert in der Bude ihres Kommilitonen Carter und flüchtet über den Campus in ihr Verbindungshaus, woraufhin sie später ein Killer mit Babymaske meuchelt. Ihren Todestag erlebt sie immer wieder von neuem, bis sie den Mörder identifizieren kann.
Von David McAllan
„Happy Deathday“ benimmt sich, als hätten wir die Zeitschleifenkomödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ nie gesehen, gibt dessen Konzept als quasi neu aus und strickt daraus einen absehbaren, aber unterhaltsamen Mix aus Whodunit-Thriller und Slasher-Komödie. Die Blumhouse-Produktion wird nie postmodern wie „Scream“ oder Meta-Horror wie „The Cabin in the Woods“, bietet aber allemal eine Menge kurzweiligen Spaß.
Die autobiografische Culture-Clash-Romcom lehrt mit frechem Mundwerk, wie man sich zu Toleranz, Liebe und Familie bekennt
Michael Showalter, USA 2017
Kinostart: 16.11.2017
Story: Der pakistanischstämmige Stand-Up-Comedian Kumail verheimlicht seinen Berufswunsch vor seiner strikt muslimischen Familie. Als er sich in Psychologiestudentin Emily verliebt und diese durch einen Infekt ins Koma fällt, wankt sein Lügengebäude. Er lernt Emilys Eltern kennen und steht ihr heimlich bei.
Von Sir Real
Es sind die eigenen Lebensumstände, die Kumail Nanjiani (spielt sich selbst) zum Thema der wunderbaren, romantischen Tragikomödie„The Big Sick“ macht, wie sie sich kein Drehbuchautor hätte ausdenken können. Comedy-King Judd Apatow („Immer Ärger mit 40“) zeigt als Produzent sein Gespür für witzige Talente und TV-Regisseur Michael Showalter positioniert dies perfekt im Spannungsfeld zwischen Komik und Dramatik.
Härte und Mitgefühl bestimmen den großartigen, modernen Winterwestern mit Jeremy Renner um Mädchenmorde in Wyoming
Taylor Sheridan, GB/CDN/USA 2017
Kinostart: 08.02.2018
Story: Als Wildhüter Cory im ewigen Eis des Wind River Indianerreservats eine Mädchenleiche entdeckt, ist er erschüttert: Denn es ist die beste Freundin seiner vor drei Jahren auf die gleiche Art ermordeten Tochter Emily. Widerstrebend hilft er der unterbesetzten Polizei und FBI-Agentin Jane bei den Ermittlungen.
Von Max Renn
Taylor Sheridan ist das Beste, was das US-Independent-Kino zu bieten hat. Mit seinen Drehbüchern für „Sicario“ und „Hell or High Water“ (für den er eine Oscarnominierung erhielt) schrieb er bereits zweimal Hervorragendes, nun führt er, nach eigener Vorlage, Regie. „Wind River“ ist, wie seine vorherigen Geschichten, wieder ein moderner Western geworden, ein Winterwestern diesmal, und wieder ein Männerfilm – mit starken Frauen.
Story: Jahrzehnte nach einem globalen Blackout jagt Blade Runner K. in Los Angeles 2049 noch immer alte Replikanten, derweil die neue Generation von Tyrell-Nachfolger Wallace störungsfrei den Menschen dient. Ein Knochenfund bringt K. auf eine Spur, die zu seinem abgetauchten Vorgänger Deckart führt.
Von Thorsten Krüger
Formidabel, freilich nicht fehlerlos: „Blade Runner 2049“, mit dem Hollywood nach 35 Jahren den Kultfilm „Blade Runner“ weiterspinnt, und Original-Drehbuchautor Hampton Fancher daran mitdichten lässt, zeigt, was möglich ist, wenn man die richtigen Leute akquiriert. Dann vereint sich das Beste beider Welten, eine Vision, die kein leeres Reboot-Spektakel ist, sondern eines mit Gravitas, Tiefgang, Tragik, Bedeutung und Reife.
Trey Edward Shults, USA 2017
Kinostart: 18.01.2018
Einfach das Ende der Welt: „It Comes at Night“ ist gefühlt das 100. apokalyptische Drama, das zurückgezogen in der Waldwildnis spielt, wie zuletzt „The Survivalist“ oder „Into the Forest“. Trey Edward Shults´ zweite Regiearbeit nach „Krisha“ übernimmt alle mangelnden Schauwerte des mäßig interessanten Subgenres, einschließlich Informationsvakuum, Isolation und Preppie-Dasein ohne Zivilisation. Sein Psychohorror wirkt als Familiendrama, bei dem die äußere Bedrohung einen Teufelskreis aus Paranoia, Angst und Misstrauen erzeugt, der sich als grausame Tragödie niederschlägt.
Andy Muschiettis fulminante Adaption von Stephen Kings Horrorclown-Klassiker hat das gewisse Es-was
It, Andy Muschietti, USA 2017
Kinostart: 28.09.2017
Story: Derry 1988. Seit dem Verschwinden seines kleinen Bruders versucht der 13-jährige Bill herauszufinden, was geschah. Mit sechs Gleichaltrigen des Loser-Clubs erwehrt er sich Erwachsener und eines grauenvollen Monsters, das in der Kanalisation unter der Stadt lebt und in Gestalt eines Clowns Kinder frisst.
Von Thorsten Krüger
American Horror Story: Andy Muschietti („Mama“) hat geschafft, was lange als unmöglich galt – eine gelungene Stephen-King-Verfilmung. Seine Version von „Es“ funktioniert sowohl als Coming-of-Age-Drama wie auch als Horrorschocker. Als Monsterclown Pennywise ist Bill Skarsgård („Atomic Blonde“) scary as hell und intensiviert mit fiesem Gebiss den knackigen Kampf von sieben Kids gegen die Dämonen der Kindheit.
Eine aberwitzige Karriere als amerikanischer Antiheld legt Tom Cruise in dieser spöttischen Actionkomödie hin
American Made, Doug Liman, USA 2017
Kinostart: 07.07.2017
Story: TWA-Pilot Barry Seal wird 1978 von CIA-Mitarbeiter Schafer angeworben, mit einem kleinen Sportflugzeug über Mittelamerika zu spionieren. Da Schafer ihn finanziell kurz hält und Barry eine Familie zu versorgen hat, schmuggelt er bald auch Drogen und Waffen. Er wird reich – und lebt gefährlich.
Von David McAllan
Die böse komischen Zerrbilder über kuriose US-Selfmade-Millionäre nach wahren Begebenheiten reißen nicht ab. Von „Lord of War“ über „Thank You For Smoking“ bis zu „War Dogs“ und „The Wolf of Wall Street“ reicht die Bandbreite gut gelaunter Satiren, die wie „Barry Seal: Only in America“spöttisch kapitalistische Karrieren nachzeichnen anhand der aberwitzigen Biografie ihrer Antihelden. Bis in höchste Politikkreise.
Das Prequel zur dämonisch besessenen Puppe läd als Vintage-American-Gothic-Horror zur effektiven Geisterbahnfahrt ein
Annabelle: Creation, David F. Sandberg, USA 2017
Kinostart: 24.08.2017
Story: Puppenmacher Sam und seine bettlägrige Frau Esther holen die katholische Schwester Charlotte und sechs Waisenmädchen in ihr Farmhaus. Als die poliokranke Janice nachts das verriegelte Zimmer von Sams vor zwölf Jahren bei einem Unfall gestorbenen Tochter Annabelle öffnet, sucht sie eine Puppe heim.
Von Gnaghi
Nach dem schwachen Auftakt der Konkurrenz, mit „The Mummy“ ein Dark Universe zu erschaffen, meistert New Line/Warner Vergleichbares im Stillen mit „Annabelle 2“, dem vierten Titel im „Conjuring“-Kosmos, dem bald weitere Spin-Offs (u.a. „The Nun“, „The Crooked Man“) folgen. Endlich ein gelungener Horror jenseits der alles beherrschenden Blumhouse Productions, noch dazu (ein wenig) besser als der erste „Annabelle“.
The Dark Tower, Nikolaj Arcel, USA 2017
Kinostart: 10.08.2017
Okay, der Prolog von „Der dunkle Turm“ ist verwirrend, die schlecht zusammenpassenden Plotelemente idiotisch und die ausgelutschte Dramaturgie ein echter Krampf. Aber deshalb die Adaption von Stephen Kings achtbändiger Fantasy-Reihe (der Titel ist dem siebten Teil entnommen) gleich schlecht finden? Also bitte! Die Story vom alptraumgeplagten Teenie-Außenseiter Jake, dessen Visionen vom dunklen Turm, dem finsteren Magier Man in Black (ja, der heißt wirklich so) und dem Verteidiger Gunslinger Roland (der nächst geniale Name) sich als wahr herausstellen, ist purer, sinnfreier Quatsch.
Passt scho: Die vierte Provinzkrimikomödie um Rita Falks wurschtigen Ermittler ist ein Prosit der Gemütlichkeit
Ed Herzog, D 2017
Kinostart: 03.08.2017
Story: Nach einer durchzechten Nacht setzt ein SEK-Kommando den Eberhofer Franz fest – er soll einen verhassten Vorgesetzten ermordet haben. Durch ein falsches Alibi seines Kiffer-Vaters auf freiem Fuß, beginnt er mit Lakai Rudi heimlich zu ermitteln, während die Oma eine lang verschollene Jugendliebe aufnimmt.
Von Jochen Plinganz
Auch jenseits des Weißwurschtäquators goutierbar sind die niederbayerischen Eberhofer-Fälle, weniger aufgrund der diesmal stark von Hitchcocks „Der Fremde im Zug“ inspirierten Kriminalelemente (jeder „Tatort“ bietet mehr Spannung), als dem Mix aus skurriler Heimat- und Typenschau, Sittenkomödie und Provinzposse mit Sebastian Bezzel als gemütlichem Grantler. „Grießnockerlaffäre“ ist glatt der liebenswerteste Schalk der Reihe.
Atemberaubend intensive Kriegs-Suspense über die Operation Dynamo, die 330.00 alliierten Soldaten das nackte Leben rettete
Christopher Nolan, GB/NL/F/USA 2017
Kinostart: 27.07.2017
Story: Dünkirchen im Mai 1940. Die Wehrmacht hat britische und französische Truppen an der Kanalküstenstadt eingekesselt. 400.000 schutzlose Soldaten hoffen wie der junge Brite Tommy am Strand tagelang auf eine Evakuierung. Bis unter dem Geleitschutz von Spitfires eine Zivilflotte anrückt.
Von Thorsten Krüger
Wenn Christopher Nolan sich eines Themas annimmt, kann man inzwischen sicher sein, dass es einer der Filme des Jahres wird. Der Regisseur von „Inception“ und „Interstellar“ geht ganz puristisch und erzählerisch minimalistisch vor, widmet sich ausschließlich dem Überleben in einer ausweglosen Lage, ganz ohne Hintergrund und die üblichen Genre-Elemente, um damit einen maximalen Effekt zu erzielen: reine Spannung.
Valerian and the City of a Thousand Planets, Luc Besson, F/USA 2017
Kinostart: 20.07.2017
Offenbar hängt die Zukunft von Luc Bessons Europa-Studio ab vom Erfolg seiner 150-200 Mio. Dollar schweren Großproduktion „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“, die sich redlich bemüht, in Konkurrenz zu Marvel, „Star Wars“ und „Avatar“ zu treten. Man möchte dem Filmmogul die Daumen drücken, freilich fällt das schwer, da er nicht nur künstlerisch strauchelt, sondern den Auguren nach eine Box-Office-Bruchlandung à la „John Carter“ droht.
Ape-Pocalypse Now: anteilnehmende, düstere Science-Fantasy zwischen (Vietnam)Krieg, KZ-Drama und Bibelmotiven
War for the Planet of the Apes, Matt Reeves, USA 2017
Kinostart: 03.08.2017
Story: Ein wahnsinnig gewordener Colonel jagt zwei Jahre, nachdem Koba ihm den Krieg erklärt hat, weiter den Stamm des friedfertigen Caesar. Als er seine Familie tötet und seinen Sohn entführt, bricht Caesar mit ein paar Gefährten auf, ihn zu befreien. Doch sein Volk landet in Gefangenschaft, während eine Armee naht.
Von Thorsten Krüger
Als einziges erwachsenes Blockbuster-Franchise steht die „Planet der Affen“-Reihe wie ein Fels in der Brandung alberner Comic-Kreaturen und verteidigt diese Position auch im dritten Part, den Teil-zwei-Regisseur Matt Reeves („Cloverfield“) erneut bewegend inszeniert, aber den Verdienst mit einem Übermaß an Bedeutungsschwere gefährdet. Das bislang düsterste Kapitel – in Gewand und Kost – reicht nicht ganz an die Vorgänger heran.
Straßen in Flammen: style-intensive Actionromanze, die mit Charisma, Musik und Groove fasziniert – bis sie aus dem Takt gerät
Baby Driver, Edgar Wright, GB/USA 2017
Kinostart: 27.07.2017
Story: Weil er bei ihm in der Kreide steht, fährt Miles unter dem Decknamen Baby für Bankster-König Doc Fluchtwagen bei dessen Überfällen. Als er sich in Kellnerin Debbie verliebt und aussteigen will, wird er zum Heist genötigt, bei dem alles eskaliert und ihn seine kriminellen Komplizen sowie die Polizei jagen.
Von Thorsten Krüger
Wieso fährt Justin Bieber jetzt Fluchtwagen? Darf der noch so spät aufbleiben? Hat der überhaupt schon einen Führerschein? Aber ja doch! Unter Komödien-Spezialist Edgar Wright („Shaun of the Dead“) läuft Teen-Star Ansel Elgort („Das Schicksal…“) zu Hochform auf in einer die Coolness ausbuchstabierenden musikalischen Actionromanze, die einer Musikvideo-Bewerbung von „La La Land“ für „Fast & Furious“ nahe kommt.
aka Table 19 – Liebe ist fehl am Platz, Jeffrey Blitz, FIN/USA 2017
Kinostart: 17.08.2017
„Table 19“, das ist der Tisch der Schande. Dort sitzen die ungebetenen, ins Abseits abgeschobenen Idioten, die sich auf einer Hochzeit nur lächerlich machen. Für die nicht gesellschaftsfähigen Misfits entwickelt der auf Comedy(-Serien) abonnierte Jeffrey Bitz („Rocket Science“) nach einem Script der Brüder Jay und Mark Duplass („Jeff, der noch zu Hause lebt“) viel Mitgefühl: Ein Herz für Loser. Nachdem dieser sympathische Outsider-Club (u.a. Lisa Kudrow aus „Reine Nervensache“) seine Fehler und Wunden offenbart hat, brechen sie aus, rauchen Gras und erobern sich selbst und die Liebe wieder.
Story: Die russische Aristokratin Olga hat im besetzten Frankreich zwei jüdische Kinder versteckt und ist der Gestapo ins Netz gegangen. Nach Androhung von Folter durch Kollaborateur Jules wird sie ins KZ deportiert, wo der junge SS-Offizier und Lagerinspekteur Helmut sie zu seiner Mätresse macht.
Von Thorsten Krüger
„Paradies“ könnte glatt die inoffizielle Adaption von Jonathan Littells erschütterndem Holocaust-Roman „Die Wohlgesinnten“ sein. Der von Unterhaltung („Runaway Train“) ins seröse Fach migrierte russische Regieveteran Andrei Konchalovsky („Das Irrenhaus“) erhielt für die Annäherung an seinen Arthaus-Bruder Nikita Michalkow („Die Sonne, die uns täuscht“) und Alexander Sokurow („Moloch“) in Venedig den Regiepreis.
Stromberg als Splatter-Thriller: Greg McLean und James Gunn hetzen eine Büroabteilung aufeinander
The Belko Experiment, Greg McLean, USA/CO 2016
Kinostart: 15.06.2017
Story: Als Computerfachmann Mike und seine Freundin Leandra zur Arbeit in den abgelegenen Bürokomplex der Belko Industries in Bogotá erscheinen, werden sie mit 80 Amerikanern in das streng bewachte Gebäude eingesperrt und von einer Durchsage aufgefordert, ihre Kollegen zu töten – oder sie sterben selbst.
Von Gnaghi
„Battle Royale“ im „High-Rise“-Office – das beschreibt „Das Belko Experiment“ hinreichend. Die Horrorschmiede Blumhouse und James Gunn („Guardians of the Galaxy“) finanzierten sein bereits älteres Skript, das den schwarzen, derben Humor seine frühen Filme („Slither“) bewahrt. Der Australier Greg McLean knüpft an seine Härte von „Wolf Creek“ an, was beider Stärken effektiv vereint zu einem heftigen B-Movie für Fans.
This Beautiful Fantastic, Simon Aboud, GB/USA 2016
Kinostart: 15.06.2017
Die Sparversion von „Die fabelhafte Welt der Amelie“ des Briten Simon Aboud („Comes a Bright Day“) wanzt sich durch die deutsche Titelschmiede mit „Der wunderbare Garten der Bella Brown“ noch enger an Jean-Pierre Jeunets versponnene Fabel von 2001 heran. Zwischen Komödie, Seelentherapie und Liebesdrama findet ein Quartett skurriler Verquerer ihren Weg zum Glück. Ein Nachbarschaftsstreit wird zur Nachbarschaftshilfe, wenn der zwangsgestörte Bücherwurm Bella (Jessica Brown Findlay, „Winter’s Tale“) einen Monat Zeit erhält, ihren verwilderten Garten neu instand zu setzen.
Die Zeitschleifen-Suspense im Outfit eines Romantic Teen Movies entwickelt melodramatische Facetten und emotionale Qualitäten
Before I Fall, Ry Russo-Young, USA 2017
Kinostart: 01.06.2017
Story: Irgendwo im US-Nordwesten gehört die 17-jährige Sam dem It-Girl-Quartett ihrer High School an. Auf der Heimfahrt von einer Freitag-Abend-Party verunglücken sie tödlich. Woraufhin Sam morgens aufwacht und den letzten Tag ihres Lebens immer wieder erlebt. Und anfängt, alles zu hinterfragen.
Von David McAllan
„Und täglich grüßt das Murmeltier“ als Teenage Angst Mystery mit (Nächsten)Liebesbotschaft: Macht man sich die Mühe, hinter die Teen-Pastiche von „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“ zu schauen, findet man mehr als nur Sisyphos-Motive mit „Butterfly Effect“. Dann verwandeln sich Stereotypen in ein gefühlvolles Coming of Age, ein Abschiednehmen, wie man von seinen Liebsten erinnert werden möchte.
Der irische Festivalhit „A Date For Mad Mary“ ist ein liebenswertes, lustiges und wunderbar berührendes Date Movie für Leute, die wenig von Date Movies halten. Debütant Darren Thornton, der mit seinem Bruder Colin den Theatermonolog „10 Dates With Mad Mary“ von Yasmine Akram („Sherlock“) adaptiert, taucht regelrecht unter den Hochzeitsplanern-Stereotypen hindurch und punktet mit Charme, Charakter und Chuzpe.
A Monster Calls, J.A. Bayona, 2016
Kinostart: 04.05.2017
Alle Welt ist voll des Lobes für die Fantasy-Parabel „Sieben Minuten nach Mitternacht“, obwohl diese ihr Sterbe-/Abschiedsdrama als unbedingt wertvolle Sonderpädagogik mit allem tränenreichen Pathos auswalzt, bis jeder begriffen hat, wie wichtig und ernsthaft ihre Themen sind. Der Katalane J.A. Bayona, gefeiert für seine Gothic-Geistergeschichte „Das Waisenhaus“ (obwohl sein Tsunami-Drama „The Impossible“ eigentlich der bessere Film war), hat sehr wohl einiges drauf. Aber er will einfach zu viel.
Die Vermessung der Welt als Hybris des weißen Mannes: biografisches Forscherportrait, wohltuend frei von Abenteuer-Modernismen
The Lost City of Z, James Gray, USA 2016
Kinostart: 30.03.2017
Story: 1906 bricht der britische Colonel Percival Fawcett in den Amazonas auf – die letzte Chance für ihn und seine Frau Nina auf gesellschaftlichen Aufstieg. Mehrfach kehrt er in die grüne Hölle zurück und vernachlässigt seine Familie, findet jedoch nie jene versunkene Hochkultur, der er Zeit seines Lebens nachjagt.
Von Sir Real
Realismus statt Eskapismus lautet die Devise, mit der James Gray seinen New Yorker Gangsterhinterhof („The Yards“) verlässt und sich nach dem großartigen Melodram „The Immigrant“ einem weiteren historischen Stoff andient, der zu überzeugen weiß. Das ist im besten Sinne altmodisches Charakterdrama, Lebenslauf-Porträt und klassisches Abenteuer, eine faktennahe Entdeckung der Langsamkeit anstelle von Hollywood-Hektik.
Als simples B-Movie hätte man „Life“ wohl geschluckt, mit dem der aus Schweden stammende Thriller-Regisseur Daniel Espinosa seine bisherige Dutzendware „Safe House“ und „Kind 44“ um einen weiteren belanglosen, streckenweise spannenden Eintrag ergänzt. Wenn nur die hochtrabenden philosophischen Anwandlungen über die Genese von Leben und Evolution nicht wären, schlecht abgeschaut bei Terrence Malicks „The Tree of Life“. Sie bleiben ein Fremdkörper – diese „nachdenklichen“ Abschnitte wirken so unbeholfen, dass es einen graust. Zumal einem die Charaktere egal sind.
Alles nur geklaut: Das Faszinosum des Amerikanischen Traums in aller Ambivalenz, Energie und den Schattenseiten am Beispiel von McDonald’s
John Lee Hancock, USA 2016
Kinostart: 20.04.2017
Story: Als der erfolglose Multi-Mix-Vertreter Ray Kroc 1954 in Kalifornien auf das Fast-Food-Restaurant der Gebrüder McDonalds stößt, wittert er seine Chance: Er will das revolutionäre Konzept als Franchise über ganz Amerika ausbreiten, beißt sich an den Brüdern aber die Zähne aus – bis er sie rücksichtslos ausbootet.
Von David McAllan
Was ist eigentlich der Amerikanische Traum? „The Founder“ gibt Antworten, die die Mär vom Tellerwäscher zum Millionär konstruieren und zugleich dekonstruieren: Der Texaner John Lee Hancock („Saving Mr. Banks“, „Blind Side“) zeigt nach einer Vorlage von „Turbo“-Autor Robert Siegel die positiven wie die negativen Seiten des Erfolgs als Geschichte einer Ideologie, bei der die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt.