Finding Dory, Andrew Stanton, Angus MacLane, USA 2016
Kinostart: 29.09.2016
Heimkinostart: 16.02.2017
Die späte Fortsetzung des Pixar-Hits „Findet Nemo“ von 2003 reduziert den Clownfisch und Vater Marlin zu Begleitern des einstigen Sidekicks Dorie. Original-Regisseur Andrew Stanton, der danach den großartigen „Wall-E“ schuf, schenkt in erneuter Kooperation mit dem erfahrenen Pixar-Animateur Angus MacLane („Toy Story 3“) dem blauen Doktorfisch mit Kurzzeitgedächtnisverlust ein für Erwachsene tränenreiches und für Kinder wohltuend gefahrloses Spaß-Abenteuer. „Findet Dorie“ ist in der Tat unvergesslich.
Wo der Spaß aufhört: Das groteske, realsatirische, tragikomische Vater-Tochter-Duell ist ein Glücksgriff fürs (deutsche) Kino
Maren Ade, D/A 2016
Kinostart: 14.07.2016
Story: Nachdem sein geliebter Hund das Zeitliche gesegnet hat, reist Winfried spontan nach Bukarest, um seine Tochter zu besuchen. Die Unternehmensberaterin lässt ihn eiskalt abblitzen, woraufhin Winfried mit Überbiss und Perücke als Toni Erdmann aufkreuzt und ihr unentwegt auf den Pelz rückt.
Von Thorsten Krüger
Der beste Film, der nie die Goldene Palme in Cannes gewann: Nach respektablen Titeln wie „Alle anderen“ deutete wenig daraufhin, dass Maren Ades dritter Film so ein Meisterwerk werden könnte. Aber „Toni Erdmann“ ist ein einmaliger Glücksgriff. Grotesk und tragikomisch entspinnt sich ein 162-minütiges Vater-Tochter-Duell zwischen Alt-68er und Arbeitsplatzvernichterin um (Menschen)Würde, Selbstliebe und Kapitalismus.
Disneys Animations-Fabel demontiert im tierisch menschlichen Buddy-Movie großartig unterhaltsam Vorurteile und Rassismus
Zootopia, Byron Howard, Rich Moore, Jared Bush, USA 2016
Kinostart: 03.03.2016, DVD/BD-Start: 14.07.2016
Story: Die traumatisierte Häsin Judy beginnt belächelt ihren Polizeidienst in der Metropole Zootopia. Von Kollegen geschnitten, übernimmt die idealistische Nachwuchsermittlerin einen Vermisstenfall und deckt gemeinsam mit dem trickbetrügerischen Fuchs Nick ein Komplott auf, das den sozialen Frieden gefährdet.
Von Caroline Lin
„Nur 48 Stunden“ hat das gegensätzliche Duo Fuchs und Hase Zeit, einen Kriminalfall zu lösen, der sich als Verschwörung erweist. Du bist mehr als dein Vorurteil: Dass solche Konstellationen nicht in Klischees ausarten, sondern ein smartes Spiel damit werden, liegt am Regie-Trio Rich Moore („Ralph reicht’s“) und Byron Howard („Rapunzel – Neu verföhnt“) sowie ihrem Co-Regisseur Jared Bush, der vorher an „Baymax“ mitwirkte.
Berührendes Drama, das mit leisem Humor und großer Wirkung Abschied von Freunden und Leben nimmt
Truman, Cesc Gay, E/RA 2015
Kinostart: 25.02.2016
Story: Tomás kommt aus Kanada nach Madrid zu einer Vier-Tages-Visite seines langjährigen Freundes Julián. Der will nämlich die Chemotherapie abbrechen und die letzten Dinge regeln. Nachdem Tomás ihn nicht umstimmen kann, begleitet er ihn dabei, wie er sich von Umfeld, Sohn und geliebtem Hund verabschiedet.
Von Sir Real
„Jeder stirbt, wie er kann“: Südamerikas Schauspielstar Ricardo Darín („Wild Tales“) geht zu Herzen in einem unaufdringlichen, aber hervorragenden und denkwürdigen Drama (mit einem Spritzer Komödie) über selbstbestimmtes Sterben. „Freunde fürs Leben“ ist alles andere als ein Krebs-/Sterbefilm, vielmehr eine Auseinandersetzung mit dem, was zählt: Freunde, Familie, Liebe – und dem Mut, wie man abtreten will.
QTs Winterwestern bietet Suspense und Spielfreude auf engstem Raum, schädigt sich aber mit Selbstgefälligkeit und Splatter-Unfug
The Hateful Eight, Quentin Tarantino, USA 2015
Kinostart: 28.01.2016, DVD/BD-Start: 30.05.2016
Story: Kopfgeldjäger Warren will im winterlichen Wyoming Verbrecherin Daisy schnappen, die sich in der Obhut eines beinharten Konkurrenten befindet. Sie alle müssen vor einem herannahenden Blizzard Zuflucht in einer einsamen Blockhütte suchen. Dort warten bereits fünf weitere Gestalten. Keiner traut dem anderen – zu Recht.
Von Jochen Plinganz
Passend zur achten Regiearbeit betitelt, verbindet „The Hateful 8“ Tarantinos ersten Western „Django Unchained“ (plus Samuel L. Jackson) mit seinem Regie-Erstling „Reservoir Dogs“ (für manche immer noch sein bester Film): Er sperrt Bluthunde in eine Hütte und sieht zu, wie sie sich gegenseitig zerfleischen. Aus dem Debüt sind auch Tim Roth (in der Christoph-Waltz-Rolle) und ein herrlich verschlagener Michael Madsen dabei.
Verdammt, die Zombies kommen! Und drei sympathische Nerds retten den Tag in einer blutigen Zomcom mit Bad-Taste-Humor
Scouts Guide to the Zombie Apocalypse, Christopher Landon, USA 2015
Kinostart: 12.11.2015, DVD/BD-Start: 24.03.2016
Story: Just als ein beißwütiger Untoter aus dem lokalen Versuchslabor ausbricht und die Zombie-Seuche verbreitet, beziehen die Schüler Ben, Carter und Augie ihr Pfadfindercamp. In der evakuierten Stadt suchen sie mit Stripperin Denise nach Carters Schwester, bevor das Militär ihr Fleckchen flächenbombardiert.
Von Gnaghi
Wahrscheinlich exorziert Christopher Landon, Sohn des religiös missionarischen Michael Landon („Ein Engel auf Erden“), seine Kindheit, indem er Geister toben und Teufel tanzen lässt: Sein Latino-Spin-Off der erfolgsträchtigen „Paranormal Activity“-Reihe amalgamierte neulich schon gekonnt Horror mit Humor; ein paar Schritte weiter geht „Scouts vs. Zombies“, der reichlich Slapstick, Splatter und Slacker-Gross-Out-Gags auffährt.
Zwischen Eros-Komödie und Schuld-und-Sühne-Drama: Woody Allens perfekter Mord ist eine nur halb geglückte Philosophie-Lektion
Woody Allen, USA 2015
Kinostart: 12.11.2015, DVD/BD-Start: 17.03.2016
Story: Alkoholiker und Philosophieprofessor Abe beginnt am Newport-College zu lehren, wo ihm Studentin Jill verfällt. Als er einen moralisch gerechtfertigten, perfekten Mord plant, erwachen seine Lebensgeister, Impotenz und Alkoholismus enden. Aber die Tat bringt unerwartet ein neues Dilemma mit sich.
Von Thorsten Krüger
Für seine Arbeit Nummer 46 hat Stadtneurotiker Woody Allen ausgerechnet das perfekte Verbrechen erkoren, eingebettet ins Milieu einer Eros-Komödie am College, ausgeführt aber wie ein traktatschweres Dostojewski-Drama. Die Spannung seines „Match Point“ vermag „Irrational Man“ nicht zu entfesseln, obwohl er nach Art eines Film Noir respektive der Krimi-Mentalität – aber nicht Stil – eines Alfred Hitchcock vorgeht.
Witzige Indie-Dramödie um ein Coming of Age mit Krankheitsfall: verspielt skurril, romantikfrei, aber herzzerreißend
Me and Earl and the Dying Girl, Alfonso Gomez-Rejon, USA 2015
Kinostart: 19.11.2015, DVD/BD-Start: 24.03.2016
Story: Der 17-jährige Greg hat es sich mit seinem Kumpel Earl gemütlich eingerichtet und dreht komische Kurzfilme. Auf Drängen seiner Eltern soll er die schwer an Leukämie erkrankte Mitschülerin Rachel besuchen. Beide freunden sich unerwartet an, was Gregs Schulalltag und sein Leben gehörig verändert.
Von David McAllan
Keine „(500) Days of Summer“, sondern etwa 160 Tage einer herbstlich anmutenden „doomed friendship“ – also Freundschaft, nicht Romanze -, sind das Thema eines Indie-Favoriten, der in einem kitschfreien Coming of Age wie ein Inhaltsverwandter von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ (dem besten Teenfilm der letzten Jahre) und im Tonfall wie ein Bruder des schonungslos offenen „The Perks of Being a Wallflower“ auftritt.
Die (Medien)Satire über die Auferstehung von Deutschlands populärster wie berüchtigster Geschichtsperson verflacht zu oft zur Klamotte
aka Look Who’s Back, David Wnendt, D 2015
Kinostart: 08.10.2015, DVD/BD-Start: 07.04.2016
Story: Mitten in Berlin erwacht Adolf Hitler 70 Jahre nach seinem Selbstmord und stapft verwirrt durch die Straßen. Ein arbeitsloser TV-Reporter bringt ihn als Stand-Up-Comedian groß heraus. Hitler startet eine Karriere bei einem Privatsender und tourt durch das Land. Keiner ahnt, dass der Führer Großes vorhat.
Von Jochen Plinganz
Die groß angekündigte Kinoadaption des gleichnamigen Megasellers von Timur Vermes ist ein politisch korrekter Film, der sich fälschlicherweise für politisch unkorrekt hält. So ernsthaft der hühnenhafte Burgtheater-Schauspieler Oliver Masucci auch den Adolf Hitler mimt, mit seinem dünnen Bärtchen und den kantigen Gesichtszügen sieht er wie ein SS-Mann aus – er ist kein Vergleich zu Bruno Ganz’ Glanzparade in „Der Untergang“.
Das Generationentreffen zwischen Robert De Niro und Anne Hathaway schreibt mit leichtem Humor menschliche Tugenden groß
The Intern, Nancy Meyers, USA 2015
Kinostart: 24.09.2015, DVD/BD-Start: 28.01.2016
Story: Witwer Ben entschließt sich aus Langeweile zum Senioren-Praktikum im Internet-Modeversand der Jungunternehmerin Jules. Diese verkennt zunächst die Kompetenzen des ehemaligen Geschäftsmanns, der nicht nur Kollegen und Firma rettet, sondern auch Jules’ Privatleben, und ihr ein guter Freund wird.
Von Caroline Lin
Komödien-Fachfrau Nancy Meyers („Was Frauen wollen“) hat nach eigenem Drehbuch ein entspanntes Werk über Liebe und Arbeit gestaltet. „Man lernt nie aus“beherrscht die Tugenden alter Hollywood-Komödien, ideal verkörpert von einem selten so benignen und klassisch hochklassigen Robert De Niro, der im hippen Loft einer Modewebseite als Vater, Onkel, Mutter und Mädchen für alles zur guten Seele einer kleinen Firma wird.
A Walk in the Woods, Ken Kwapis, USA 2015
Kinostart: 15.10.2015, DVD/BD-Start: 24.02.2016
Robert Redford („All Is Lost“) und Nick Nolte („Der schmale Grat“) sind die beiden einander entfremdeten Star-Buddys, die als Mittsiebziger auf dem Wanderweg durch die Appalachen zu meist müden Alterswitzchen sich selber finden. Die betulichen Lausbubengeschichten mit Altherren-Schalk basieren auf der gleichnamigen Vorlage (1997) von dem für seine humorvollen Reiseberichte und populärwissenschaftlichen Bücher bekannten Bill Bryson („Eine kurze Geschichte von fast allem“). In „Picknick mit Bären“ peppen die beiden Darsteller-Asse den faden Plot und seine anekdotische Struktur etwas auf.
Found-Footage-Gruselkomödie von M. Night Shyamalan, der mit einem Delirium höherer Potenz belustigt
aka Sundowning, M. Night Shyamalan, USA 2015
Kinostart: 24.09.2015, DVD/BD-Start: 04.02.2016
Story: Die Scheidungskinder Becca und ihr jüngere Bruder Tyler verbringen gegen den Willen ihrer Mutter eine Woche auf der entlegenen Farm ihrer Großeltern, die sie erstmals treffen. Auf Kamera halten sie die Begegnung fest und merken rasch, dass nach halb zehn im Haus Unheimliches vor sich geht.
Von Thorsten Krüger
Trash ist keine Geldfrage, sondern eine mentale Einstellung. Und deshalb, sowie nach diversen Flops, will kein Studio mehr das Mythengeraune von Ex-Wunderkind Shyamalan („The 6th Sense“) finanzieren. Wer sonst, außer der Low-Budget-Horrorschmiede Blumhouse, könnte für den gefallenen Regiestar noch etwas Kleingeld übrig haben und „The Visit“ ihren Found-Footage-Stempel aus „Paranormal Activity“ aufdrücken?
What a Night: Coming-of-Age-Komödie, die märchenhaft in beschwingter Champagnerlaune Mythenbildung für Royalisten betreibt
A Royal Night Out, Julian Jarrold, GB 2015
Kinostart: 01.10.2015
Story: London, 8. Mai 1945. Nach sechs Jahren im goldenen Käfig des Buckingham Palace büchsen die Prinzessinnen Elizabeth und Margaret aus, um sich unerkannt unter die ausgelassen Menschen zu mischen. Als die beschwipste Margaret verloren geht, sucht Elizabeth sie mit Bomberpilot Jack im Trubel der Siegesnacht.
Von Jochen Plinganz
Julian Jarrold zieht es nach „Wiedersehen mit Brideshead“ zurück zum stilvollen Period Piece, das am VE-Day, dem Victory in Europe Day, eine Episode aus dem Leben der späteren Queen Elizabeth als romantischen Schwank mit ernsten Untertönen weiterspinnt. Mit der Leichtfüßigkeit einer Verwechslungskomödie folgt er zwei Prinzessinnen auf Freiersfüßen und ihrer beschwingten Odyssee durch eine unvergessliche Nacht.
Surreal-komische Meditation über Alter, Schönheit, Leben und Lust vom Auslandsoscargewinner Paolo Sorrentino
Youth, Paolo Sorrentino, I/F/CH/GB 2015
Kinostart: 26.11.2015, DVD/BD-Start: 30.03.2016
Story: Während es der berühmte Komponist Fred strikt ablehnt, dass seine Musik für die Queen gespielt wird, entspannt er sich in einem Schweizer Wellnesshotel mit seinem langjährigen Freund, dem gleichaltrigen Regisseur Mick. Dieser bereitet ein großes Filmprojekt vor, das sein Opus Magnum werden soll.
Von Thorsten Krüger
Dreams are my Reality: Nach „Cheyenne“ ist „Ewige Jugend“ der zweite englischsprachige Film des Italieners. Wie seine oscargekrönte Rom-Hommage „La grande bellezza“ steht die stilvolle Reflexion im Geiste Fellinis, wendet ihre schrullige Finesse aber zwischen den Alpenpanoramen von „Die Wolken von Sils Maria“ und dem Davos eines „Der Zauberberg“ an auf eine entzückend-besinnliche Rückschau im Alter.
Go Banana: Die gelben Chaoten wuseln durch ihre eigene Slapstickparade mit befürchtet schmächtiger Geschichte
Kyle Balda, Pierre Coffin, USA 2015
Kinostart: 02.07.2015, DVD/BD-Start: 12.11.2015
Story: Seit Anbeginn der Zeiten dienen die Einzeller Minions den schrecklichsten Unholden, die durch ihr Ungeschick meist vorzeitig ableben. Napoleons Armee hat das Völkchen in eine Eishöhle vertrieben, von wo aus Kevin, Stuart und Bob 1968 nach New York aufbrechen, um die Superschurkin zu suchen.
Von Jochen Plinganz
Wenn Sidekicks einen eigenen Kinoauftritt erhalten, fehlt mitunter Charme („Die Pinguine aus Madagascar“) und viel Story bleibt an ihrem Treiben oft auch nicht haften. Bei den Minions, den wuseligen Wichten aus den beiden „Ich – Einfach unverbesserlich“-Teilen, mangelt es nicht an Ersterem, aber Humor und Figuren übertünchen die dünn-durchwachsene Handlung nur bedingt, eine Lässlichkeit um eine arglistige Superschurkin.
Humor mit Hasenscharte: Die schrägste und schwärzeste Komödie des Jahres forscht absurd nach Genetik und Abstammung
Mænd & høns, Anders Thomas Jensen, DK 2015
Kinostart: 02.07.2015, DVD/BD-Start: 03.12.2015
Story: Als Evolutionspsychologe Gabriel und sein Bruder, der Zwangsmasturbant Elias, nach dem Tod ihres Vaters erfahren, adoptiert worden zu sein, entdecken sie ihren wahren Erzeuger auf einer untervölkerten Insel. Doch statt ihm treffen sie nur ihre gestörten Halbbrüder, die in einem verwaisten Sanatorium hausen.
Von Thorsten Krüger
Eine Tragikomödie der ganz anderen Art für Leute, die über Onanie- und Sodomie-Witze lachen können, ist „Men & Chicken“ des Dänen Anders Thomas Jensen, der sonst an Drehbüchern für Oscar-Material wie „In einer besseren Welt“ oder „The Salvation“ feilt, sich in pechschwarzen Regiestreichen austobt („Adams Äpfel“) und sich hiermit selbst übertrifft. Ein exquisiter Trip, fast so legendär geschmacklos wie „Ex Drummer“.
Dietrich Brüggemann, D 2015
Kinostart: 16.07.2015, DVD/BD-Start: 17.12.2015
Wahnsinn Deutschland: Dietrich Brüggemann („3 Zimmer/Küche/Bad“) wechselt nach seiner strengen wie anstrengenden Autorenfilm-Passion „Kreuzweg“ radikal die Richtung und teilt in einer Satire-Komödie deftig aus gegen Rechte und Linke, gegen Medien, Intellektuelle, TV-Talks und Kulturbetrieb (einschließlich Christoph Schlingensief), Politiker und den Verfassungsschutz. „Heil“ gleicht einer Ausgabe der Satirepostille Titanic („Wer kennt diesen Mann?“) mit dem Humor des MAD-Magazins.
Ben Stiller und Naomi Watts in einer harmlosen Generationen-Dramödie um Sinnsuche, Alter(n) und Wahrheits-Begriffe
While We’re Young, Noah Baumbach, USA 2014
Kinostart: 16.07.2015
Story: Das Leben des kinderlosen Mittvierziger-Paars Josh und Cornelia steckt in einer reizlosen Sackgasse, in der sich die Bekanntschaft mit dem Mittzwanziger-Hipster-Paar Jamie und Darby als Jungbrunnen erweist. Josh ist von Jamie begeistert – bis er merkt, dass der ihn aus gutem Grund um den Finger wickelt.
Von Max Renn
Kindmänner und Mängelexemplare über 40 sind derzeit die Essenz amerikanischer Komödien. Besonders Ben Stiller hat sich auf den Typus des unreifen Mittelklasse-Losers spezialisiert, der sich nach Wahrhaftigkeit sehnt, was in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ weit köstlicher geschah, als in „Gefühlt Mitte Zwanzig“, der die Midlife-Crisis auf ein Pärchen ausweitet zu einem Porträt verunsicherter Individuen.
Angenehme Indie-Dramödie, in der Mary Elizabeth Winstead auf emotional-nachdenklicher Selbstentdeckung zu großer Form findet
Chris Messina, USA 2014
ohne deutschen Start
Story: Aus Frust über seine undankbare „Hausfrauen“-Rolle nimmt sich George eine Ehe-Auszeit, womit Umweltanwältin und Workaholic Alex mit ihrem alternden Vater Roger und dem schulpflichtigen Sohn Dakota überfordert ist. Dazu stehen ihre lebenslustige Schwester Lily und private Veränderungen vor der Tür.
Von David McAllan
Der vielbeschäftigte Schauspieler Chris Messina („Cake“, „Argo“, „Vicky Cristina Barcelona“) lässt in seinem Regiedebüt Kollegin Winstead den Vortritt und dient in einer Nebenrolle als vor den Verhältnissen flüchtender Hausmann als Katalysator für eine Selbstfindung der reiferen Sorte, die sich nicht größer macht als sie ist und warmherzig die von Herausforderungen geprägte Suche nach Familie, Nähe und erfülltem Leben begleitet.
Johanna Moder, A 2014
Kinostart: 07.05.2015, DVD/BD-Start: 20.11.2015
Im mit dem Max-Ophüls-Publikumspreis ausgezeichneten Spielfilmerstling „High Performance“ der Grazerin Johanna Moder, einer Liebeswirren-Komödie um zwei Brüder, die um die gleiche Frau konkurrieren, steckt ein handfestes Wirtschaftsdrama um Habsucht und Spionage. Ein paar Storystandards zu viel dominieren die Verwicklungen um den aus der Art geschlagenen Wiener Lebenskünstler Daniel, der seine Betriebswirt-Sippe und den Karriere-Bruder Rudi (Manuel Rubey aus „Braunschlag“) anpumpen muss, für diesen zunächst widerwillig dessen neue Kollegin Nora auf romantische Kopplungsfähigkeit ausspäht und sich dabei selbst in sie verguckt.
Im siebten Spektakel der Retorten-Franchise setzt es sinnfreie Destruktion Deluxe und Familienkitsch zum Abschied von Paul Walker
Furious 7, James Wan, J/USA 2015
Kinostart: 01.04.2015, DVD/BD-Start: 13.08.2015
Story: Alte Sünden holen die PS-Crew ein, als Ian, der böse Bruder des Gegenspielers Owen, auf Rache sinnt und Anschläge auf das Team verübt. Agent Mr. Nobody finanziert Dom, Brian und Letty, Ian eine ultimative Ortungssoftware samt Hackerin Ramsey wegzuschnappen, um dem Wüterich selbst zu jagen.
Von Caroline Lin
Im Kern bleibt die 2001 gestartete Racer-Reihe trashiges B-Kino, deren tiefergelegte Werbeclip-Coolness und flache Witzeleien unter der (austauschbaren) Spielleitung von Horror-Fachkraft James Wan („Saw“, „Insidious“) erheblich inkompatibel zu Familienkitsch und gravitätischem Ernst bleiben. Eine gewisse Hirnrissigkeit in Geschehen und Gerede ist ja Pflicht, läuft aber nicht mehr so souverän kurzweilig wie in Teil 5 und 6.
In der magisch-realistischen und liebenswert nostalgischen Fantasykomödie wird Adam Sandler rührend zum Pate einfacher Leute
aka Cobbler – Der Schuhmagier, Thomas McCarthy, USA 2914
DVD/BD-Start: 04.05.2015
Story: Der abgehängte Trott des jüdischen Schusters Max in seiner Klitsche der Lower East Side erhält schlagartig Schwung, als er im Keller eine wundersame Nähmaschine entdeckt, mit der er die Gestalt seiner Kunden annimmt, solange er deren Schuhe anzieht. Damit kommt er lokalen Kriminellen in die Quere.
Von David McAllan
So einfühlsam wie sein Indie-Debüt, die New-Jersey-Tragikomödie „Station Agent“, ist Thomas McCarthys vierter Regie-Job „The Cobbler“ zwar nicht. Seine Vorliebe für Sozialdramen mit Herz für den kleinen Mann äußern sich in einer Fantasykomödie zum Schmunzeln und Liebhaben, an der die US-Kritik kaum ein gutes Haar ließ, damit dem rührenden, topbesetzten Wunderspaß des magischen Realismus aber nicht gerecht wird.
Shaun the Sheep Movie, Mark Burton, Richard Starzack, GB/F 2015
Kinostart: 19.03.2015, DVD/BD-Start: 27.08.2015
Die Knetmasse macht’s: Auch beim kindlichen Spaß um „Shaun das Schaf“ leisten sich die britischen Aardman Animations von Peter Lord und Nick Park, dem Kinopublikum seit „Chicken Run – Hennen rennen“ geläufig, nach „Wallace & Gromit“ wieder einen gelungenen Transfer von kurzen TV-Episoden auf die Leinwand. Mit Pfadfinderpfiffigkeit stürzt das schlaue Schaf Shaun Bauer, Hund und Herde in ein Großstadtabenteuer – handfester Humor mit niedlichen Wollknäueln, witzig und rührend, so geht beste Familienunterhaltung.
Der vierte Brenner-Krimi mit bewährtem Team macht Josef Hader schwarzhumorig vom Sozial- zum Mordfall, den er selbst aufklärt
Wolfgang Murnberger, A 2015
Kinostart: 19.03.2015, DVD/BD-Start: 17.09.2015
Story: Verwahrlost und mittellos kehrt Simon Brenner ins leerstehende, abrissreife Elternhaus in Graz zurück, wo er vergrätzte Jugendfreunde wiedersieht: Trödelhändler Köck und Polizeichef Aschenbrenner. Was zu Brenners Selbstmord führt, auf die Intensivstation zu Dr. Irrsiegler und einer ganzen Mordreihe.
Von Jochen Plinganz
Seit Wolfgang Murnberger vor 15 Jahren erstmals Wolf Haas’ legendären Schmäh-Detektiv mit „Komm, süßer Tod“ zum Alpen-Kinohit formte, hat er im Laufe der Lenze über „Silentium“ (2004) und „Der Knochenmann“ (2009) immer mehr das Tempo gedrosselt. „Das ewige Leben“ ist bei einer langsam laufenden, sarkastischen Sozialstudie angekommen, eine Clochard-Komödie, aus der sich allmählich ein Kriminalthriller herausschält.
aka Inherent Vice – Natürliche Mängel, Paul Thomas Anderson, USA 2014
Kinostart: 12.02.2015, DVD/BD-Start: 25.06.2015
Kultfilmer Paul Thomas Anderson („Boogie Nights“, „There Will Be Blood“) und Kultliterat Thomas Pynchon („Die Enden der Parabel“) sind zwei Feuilletonlieblinge, vereint zum Gipfeltreffen „Inherent Vice“, das, man glaubt es kaum, die erste Adaption des legendären Autoren ist. Dessen gleichnamigen Roman von 2009, eine Detektiv- und Beziehungsgeschichte, interpretiert Anderson als freien, aber geistestreuen „Stoner Noir“ (Variety), ein komisches Paranoia-Porträt der frühen, drogenvernebelten 70er Jahre.