Anspruchsvolle, aber ziemlich naive Arthaus-Politsatire, die in ihrer Heimat Italien mit Preisen überhäuft wurde.
Roberto Andò, I 2013
Kinostart: 27.02.2014
Story: Der umstrittene Oppositionschef Enrico verschwindet über Nacht spurlos: Er hat sich völlig ausgebrannt zu seiner einstigen Geliebten nach Paris abgesetzt. Die Parteistrategen indes entdecken seinen Zwillingsbruder Giovanni, der ihn doubeln soll und rätselhafte Moralpredigten hält, die die Nation begeistern.
Von Thorsten Krüger
Es reicht also, mal die Wahrheit zu sagen und mit der Bundeskanzlerin Tango zu tanzen. Und schon ist die Politik wieder menschlich und gerettet. Nur durch die dauerhafte Schädigung durch eine Plage wie Berlusconi, der Italiens Politikbetrieb komplett ruiniert hat, ist zu erklären, dass dieses satirische Schelmenstück zwölf Nominierungen und schließlich sechs Trophäen beim diesjährigen David di Donatello erhielt.
Jimmy Hayward, USA 2013
Kinostart: 13.02.2014, DVD/BD-Start: 15.10.2014
Todestag Thanksgiving: Was dem Menschen seine Festtagstradition ist, bedeutet für das Truthahnvolk zyklischer Massenmord. „Horton hört ein Hu“-Regisseur Jimmy Hayward erzählt die Tragödie gewitzt aus Sicht der Betroffenen – als Familienanimationskomödie der absolut verrückten Art, die man dennoch ins Herz schließen muss. Auf den ersten Blick mag das uninspiriert und zusammengeklaubt erscheinen und kann technisch nicht mit den Animationsstandards von Disney und Pixar konkurrieren. Aber die Außenseitergeschichte ist erprobt, schwungvoll und drückt die richtigen Knöpfe.
Tragikomisch und unendlich nahegehend arbeitet Stephen Fears mit Judi Dench die Verbrechen der katholischen Kirche in Irland auf.
Stephen Frears, GB/FR/USA 2013
Kinostart: 27.02.2014, DVD/BD-Start: 03.09.2014
Story: 50 Jahre, nachdem man der verstoßenen Schwangeren in einem katholischen Schwesternheim den 3-jährigen unehelichen Sohn in die USA verkauft hatte, erzählt Philomena Lee ihr tragisches Schicksal ihrer Tochter. Diese bittet TV-Journalist Martin Sixsmith, mit ihrer Mutter nach dem verlorenen Sohn zu suchen.
Von Sir Real
Die unbarmherzigen Schwestern: Wie Peter Mullan greift auch Stephen Frears, fast wieder auf der Höhe von „Dirty Pretty Things“, die Schandtaten unchristlicher Menschenquäler im Namen des Herrn auf, nur mit pointenreicher Komik, die doch nie die Tragik verhüllt. Wie in „The Queen“ fordert eine Schauspielgröße, diesmal Judi Dench („Skyfall“) im Duett mit dem faszinierenden Steve Coogan, zum Lachen und Weinen heraus.
Gediegene Komödie um das erst witzige Ringen um einen Disney-Klassiker mit anschließend rührseliger Kindheitsbewältigung.
John Lee Hancock, USA/GB/AUS 2013
Kinostart: 06.03.2014, DVD/BD-Start: 17.07.2014
Story: 20 Jahre lang wollte die Londoner Kinderbuchautorin P.L. Travers nichts von Walt Disneys Musicalversion ihrer „Mary Poppins“ wissen. In finanziellen Nöten erwägt sie nun den Rechteverkauf, treibt Disney und seine Mitarbeiter bei den Filmplanungen in Kalifornien aber mit tyrannischer Sturheit in die Verzweiflung.
Von Caroline Lin
Marc Forsters Märchen-Hymne „Wenn Träume fliegen lernen“ (um die Entstehungsgeschichte von Peter Pan) nicht unähnlich, betreibt John Lee Hancock („Blind Side“) das Gezerre um die Adaption des Buchklassikers „Mary Poppins“ als erst zänkisch-liebenswerte Culture-Clash-Komödie, um sodann in ernsthafter, „einfühlsamer“ Kinderheitstraumabewältigung sich der psychologisch-biografischen Deutung zu widmen.
Starbesetzte Liebes- und Charakterdramödie, die humorvoll und bittersüß Beziehungen und Übergangsphasen Erwachsener beobachtet.
Enough Said, Nicole Holofcener, USA 2013
Kinostart: 19.12.2013, DVD/BD-Start: 18.04.2014
Story: Masseuse Eva ist geschieden und sieht mit Sorge ihre einzige Tochter zur Uni fortziehen. Sie lernt Albert kennen, der in der gleichen Lage steckt und verliebt sich. Als sich Evas Neukundin Marianne als Alberts Ex entpuppt und permanent über ihn lästert, hält Eva die Beziehung geheim, bis die Lüge auffliegt.
Von Thorsten Krüger
Die New Yorker Regisseurin Nicole Holofcener („Friends with Money“) hat mit der Finanzhilfe von Fox Searchlight die exakte Schnittmenge aus Hollywood-Liebeskomödie und Indie-Charakterdrama gebildet: Eine mit versierten Mimen besetzte Anleitung, wie man sich eine neue Beziehung erfolgreich ruiniert und zugleich die durch den Wegzug der flügge gewordenen Kinder aufklaffende Midlife-Einsamkeit bewältigt.
Delivery Man, Ken Scott, USA 2013
Kinostart: 05.12.2013, DVD/BD-Start: 05.06.2014
Kaum ein Jahr ist die kanadische Komödie „Starbuck“ alt, da ist der US-Klon schon geboren. Der Crowdpleaser, u.a. Opener des Filmfest München 2012, war eine haarsträubender Feel-Good-Spaß, der eine gefühlsechte Familienode dichtete über einen liebenswerten Loser, der als Samenspender einst Hunderte Kinder zeugte, von denen ein Großteil jetzt ihren bislang anonym gebliebenen Vater kennenlernen will. Nun hat ausgerechnet der Regisseur selbst, Ken Scott, seinen französischsprachigen Erfolg in die Sprache des gemeinen GI übersetzt.
Der neue Bully: eine durchwachsene Buddy-Fantasy-Komödie mit plumper Romantik und gelungenem Wortwitz.
Michael Bully Herbig, D 2013
Kinostart: 25.12.2013, DVD/BD-Start: 30.05.2014
Story: Getränkefirmenerbe Eddie verprasst seine Millionen für Partys, Betthasen und Boliden, während Firma und privates Glück auf dem Spiel stehen. Da taucht sein für andere unsichtbarer Schutzengel Buddy auf: Die Nervensäge will Eddies Leben ändern und ihn mit einer hübschen Altenpflegerin verkuppeln.
Von Thorsten Krüger
Es ist schon kurios: Die Pro7-Sitcom „Bully macht Buddy“ ist um Längen lustiger als der Kinoauftritt, den diese dreist-geniale Kampagne bewirbt. Beide bedienen sich weidlich amerikanischer Vorbilder, die Serie bei „How I Met Your Mother“ & Co., der Film kopiert die ihrerseits US-Mustern folgenden Romcoms der Marke Schweiger/Schweighöfer (eine Mischung aus diesen ist Hauptdarsteller Alexander Fehling, „Goethe!“).
Klassisches Familienmusical? Moderner CGI-Kinderspaß? Erwachsenenmelodram? Diese Disney-Animation will alles sein und ist doch zu wenig.
Frozen, Chris Buck, Jennifer Lee, USA 2013
Kinostart: 28.11.2013, DVD/BD-Start: 03.04.2014
Story: Als am Tag ihrer Krönung Elsas mühsam verborgene Zauberkräfte ausbrechen und ihr Reich Arendelle in eine ewige Eiswüste verwandeln, flieht sie in die Berge. Ihre Schwester Anna will sie mit Naturbursche Kristoff, Elch Sven und Schneemann Olaf finden, muss sich Ungetümen und Intrigen am Hofe erwehren.
Von Sir Real
Olaf ist die Rettung. Der naive Schneemann, der kein Wässerchen trüben kann, entfacht als lustiger Simpel mit Grundoptimismus ein wahres Gute-Laune-Feuerwerk. Der charmesprühende Auftritt des schrägen Kerlchens (deutsch von Hape Kerkeling gesprochen), der vom Sommer träumt, bläst den Staub aus einer im schlechtesten Sinne Old-School-Erzählung. Auch wenn der Sidekick eigentlich viel zu spät kommt.
Tristesse Americana: Die leicht tragikomische Familien-Loser-Story zeigt ein überaltertes, rezessionsgeplagtes Winterland.
Alexander Payne, USA 2013
Kinostart: 16.01.2014, DVD/BD-Start: 30.05.2014
Story: Da der alterswirre Suffkopf Woody eine Werbebroschüre für einen Millionengewinn hält, chauffiert ihn sein Sohn David nach Nebraska, um das Preisgeld einzufordern. Unterwegs gelangen sie in Woodys ehemalige Provinzheimat, wo verarmte Geldgeier ein Stück vom vermeintlichen Neureichtum abhaben wollen.
Von Thorsten Krüger
Nachdem sich der Mumblecore mittlerweile totgenuschelt hat, scheint der letzte Schrei im amerikanischen Indie- und Autorenkino die Wiederentdeckung des Schwarzweiß zu sein. Wie auch „Frances Ha“, „Computer Chess“ oder „Escape From Tomorrow“ legt sich Alexander Payne ein Arthaus-Wintergrau an, das dem fast monochromen, auch sonst nicht unähnlichen „Inside Llewyn Davis“ gut stand.
Ironisch-vielschichtig zettelt Roman Polanski ein Duell der Geschlechter an, das doch nur biedere Altherrenphantasie bietet.
La Vénus à la fourrure, Roman Polanski, FR/PO 2013
Kinostart: 21.11.2013
Story: Ein langer und erfolgloser Castingtag für das eigens adaptierte Theaterstück „Venus im Pelz“ geht für den angehenden Regisseur Thomas enttäuschend zu Ende. Als die vulgäre Vanda auftaucht und vor leeren Rängen überzeugt, ist Thomas hingerissen. Rasch entwickelt sich daraus ein wahrer Geschlechterkampf.
Von Max Renn
Mit der Adaption von David Ives’ Broadway-Zwei-Personen-Hit kann Roman Polanski an seine vorangegangenen Großtaten „Der Ghostwriter“ und „Der Gott des Gemetzels“ qualitativ nicht anknüpfen. Letzterer Theaterverfilmung gleich, bietet das amüsante Komödien-Duell zwischen den nach „Schmetterling und Taucherglocke“ wieder gemeinsam agierenden Mathieu Amalic und Emmanuelle Seigner hintersinniges Vergnügen.
Anrührende Abschieds-Party: Charmante wie schlagfertige Rentner-Komödie mit vier im Herzen jung gebliebenen Hollywood-Altstars.
Jon Turteltaub, USA 2013
Kinostart: 14.11.2013, DVD/BD-Start: 27.03.2014
Story: Schon als Kinder waren Billy, Paddy, Archie und Sam beste Freunde. Als 58 Jahre später Billy eine „Heranwachsende“ heiratet, begehen die Senioren seinen Junggesellenabschied in Las Vegas. Die über ein Mädchen zerstrittenen Billy und Paddy finden in Barsängerin Diana Anlass neuerlicher Rivalität.
Von Jochen Plinganz
Kein „Hangover“ mit Rentnern, sondern eine sentimentale Senioren-Party von Endsechzigern: Jon Turteltaub („Das Vermächtnis der Tempelritter“) unterstreicht wieder sein Talent für publikumsfreundliche Fun-Movies, die ohne derbe Zoten unterhalten. Viel Charme und Chemie vierer erstmals gemeinsam vor der Kamera stehender Hollywood-Oldies ergeben eine unverschämt witzige Romcom mit rührseligem Freundschafts-Drama.
45 Minutes to Ramallah, Ali Samadi Ahadi, D 2013
Kinostart: 05.12.2013
Der iranischstämmige Regisseur Ali Samadi Ahadi beherrscht Politik (die erschütternde Iran-Demo-Niederschlagung „The Green Wave“) wie Komödie (den sympathischen Culture-Clash-Spaß „Salami Aleikum“) gleichermaßen. Wieso er in dieser witzlosen Deppen-Klamotte völlig versagt, ist eigentlich unbegreiflich. Die Story um zwei zankende palästinensische Brüder, die den Leichnam ihres Vaters aus Israel nach Ramallah überführen wollen und in einer absurden Odyssee in die Logik des Nahost-Konflikts hineingezogen werden, birgt schließlich einiges Potenzial.
Endstation Sehnsucht: Woody Allens tragikomisches und schonungsloses Psychogramm einer mental gestörten Heuchlerin.
Woody Allen, USA 2013
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 14.03.2014 (digital bereits ab 07.03.2014)
Story: Als ihr betrügerischer Investment-Gatte hinter Gittern landet, verliert das hochnäsige Luxus-Nervenbündel Jasmine alles und schlüpft bei ihrer proletarischen Adoptiv-Schwester, von der sie vorher nichts wissen wollte, in San Francisco unter. Hier sabotiert die alkoholsüchtige Zicke ihre Zukunft erst recht.
Von Max Renn
Cate Blanchett, die Galadriel aus „Herr der Ringe“, leistet in furios-manischer Manier wieder einmal Oscarwürdiges als selbstzerstörerische Society-Lady, die als Luxus-Stadtneurotikerin ihr eigenes Leben und das anderer ruiniert, bis sie als Irre auf der Parkbank endet. Komisch zwar, und auch satirisch, vor allem aber tragisch entwickelt sich daraus ein gestandenes Psychodrama. Allens Euro-Sightseeingtour ist definitiv beendet.
Story: Der 55-jährige André lebt mit seiner greisen Mutter in trauter Zweisamkeit, die er als eilfertiger Diener der sanften Diktatorin verbringt, die in ihrem vergangenen Ruhm als Beinahe-Filmdiva schwelgt. Der Besuch eines bislang verschwiegenen Bruders und eine Imbissbetreiberin stören Andrés Lebenskonzept.
Von Sir Real
Nach ihrem Krimiausflug „Tannöd“ widmet sich die Schweizer Regisseurin Bettina Oberli wieder der besta-Ager-Komödie wie ihr Überraschungserfolg „Die Herbstzeitlosen“, erneut mit Theater-Ikone Annemarie Düringer. Doch der Mischung aus heiterer Freudianischer Komödie und melancholischem Mutterkomplex-Drama hätten etwas mehr Pep und Gefühlsintensität nicht geschadet.
Bora Dagtekin, D 2013
Kinostart: 07.11.2013, DVD/BD-Start: 08.05.2014
Bad Teacher: In der grellfarbigen Trash-Komödie um den PISA-Bildungsnotstand führt Bora Dagtekin seinen rabiaten „Türkisch für Anfänger“-Humor konsequent fort. Elyas M’Barek schleicht sich als frisch aus dem Knast entlassener Bankräuber als Lehrkraft getarnt in eine Gesamtschule ein, um an seine vergrabene Beute zu gelangen, über der nun eine Turnhalle steht. Der angepisste Asi mit Bushido-Vokabular gibt die geteert und gefederte Randale-Richtung vor, die aus Ekelhumor und Dauer-Obszönitäten besteht und mit derbem Gossenjargon durchaus witziges Wortgut aufweist, sonst aber extrem formelhaft gestrickt ist.
Einige Computerfreaks treffen sich Anfang der 80er Jahre zu einem Kongress, auf dem sie ein Schachturnier zwischen Mensch und Maschine austragen. Wer jetzt „Big Bang Theory“ mit Technikhumor aus nostalgischer PC-Steinzeit erwartet, kann einpacken. Indie-Filmer Andrew Bujalski („Beeswax“), ein Vertreter des Mumblecore, hat keine Komödie, sondern eine trockene Mockumentary hingelegt. Technisch perfekt vermittelt er den Doku-Anschein eines Amateur-Reports von dem Symposium, authentisch realisiert in Schwarzweiß, Homevideo, 4:3-Format, übersteuertem O-Ton, Rauschen und Nachzieheffekten alter Videotechnik.
Johnny Knoxville treibt sein Unwesen als Krawallrentner und filmt die Bürgerschreck-Scherze mit versteckter Kamera.
Bad Grandpa, Jeff Tremaine, USA 2013
Kinostart: 24.10.2013, DVD/BD-Start: 27.02.2014
Story: Just, nachdem endlich seine Frau gestorben ist, bricht Rentner Irving Zisman mit seinem Enkel Billy samt Leiche im Kofferraum auf, um den Knirps bei seinem leiblichen Vater abzuliefern. Eine Fahrt quer durch Amerika, in der vor allem der 86-jährige Sittenstrolch Chaos stiftet und öffentlich Ärger erregt.
Von Thorsten Krüger
Jackass goes Borat: Im sechsten „Jackass“-Auftritt schlüpft Knoxville mittels perfekter Maske in die Haut der aus der MTV-Show bekannten Kunstfigur Irving Zisman, um als Randale-Opa mit Enkel (tolle Entdeckung: Jackson Nicoll, „Fun Size“) Geschmacksgrenzen zu sprengen. So verschmilzt die Masochisten-Stuntshow mit dem „Borat“-Prinzip, um heimlich und wackelkamerafrei Zivilisten-Reaktionen mitzufilmen.
Konfuses Genre-Potpourri, das sich in coole Posen der Ruhrpott-Subkultur wirft, die Narration aber links liegen lässt.
Claude Giffel, D 2013
Kinostart: 31.10.2013, DVD/BD-Start: 30.04.2014
Story: Der Pinguinpfleger und suspendierte Cop Frowein, genannt King, ermittelt auf eigene Faust, wieso ein Kollege nach einer Zechnacht mit Genickbruch an einer Wuppertaler Treppe liegt. Mit einer privaten Soko entdeckt er eine Rachemordserie, die weit in die Vergangenheit zu einer vergessenen Sekte führt.
Von Thorsten Krüger
Das Crowdfundingprojekt mit Ärzte-Mitglied Bela B. als singende Tunte und Christoph Maria Herbst als Reporter-Schmeißfliege ist ein Paradabeispiel für Style Over Substance. In satten Schwarzwerten breitet sich ein Ruhrpott-Noir aus, der glaubt, wenn er nur wild die Genres mixt und sich dabei in furchtbar coole Posen wirft, wäre er ein Kultkandidat wie seine Vorbilder „Pulp Fiction“ und die Edgar Wallace Krimis.
Wild, Wild West: Gore Verbinski schwankt zwischen Western-Spektakel und Kritik am US-Genozid an den Indianern.
The Lone Ranger, Gore Verbinski, USA 2013
Kinostart: 08.08.2013 DVD/BD-Start: 05.12.2013
Story: Der kurzfristig zum Ranger ernannter Staatsanwalt John Reid liegt nach einem Hinterhalt schwer verletzt im Sterben und will, wiedererweckt durch den einsam-verrückten Komantschenkrieger Tonto, seinen Bruder rächen. Auf dem Gewissen hat ihn Psychopath Cavendish, der für einen Eisenbahn-Tycoon mordet.
Von Thorsten Krüger
Entgegen mancher Unkenrufe ist die sündteure Disney-Extravaganz des „Pirates of the Caribbean“-Teams Bruckheimer/Verbinski/Depp kein hirntoter 250-Millionen-Flop wie „John Carter“, sondern Deluxe-Entertainment, das seinen Anspruch hinter Buddykomik und Effektschlacht verbirgt. Die mythische Rächer-Fabel nach einer bei uns nahezu unbekannten Serien-Figur siedelt nicht immer stimmig zwischen Komödie und Tragödie.
Ein kleines melancholisches Kinowunder: tiefromantisches, zartbitteres Großstadt-Melodram um zwei Menschen in der Menge.
The Lunchbox, Ritesh Batra, IN/FR/D 2013
Kinostart: 21.11.2013, DVD/BD-Start: 22.05.2014
Story: Die von ihrem Gatten vernachlässigte Hausfrau Ila aus Mumbai schickt ihm per Dabbawalla-Kurier phänomenales Essen – das durch einen Fehler beim kurz vor der Rente stehenden Versicherungssachbearbeiter Saajan ankommt und eine Brieffreundschaft initiiert, die zwei einsame Seelen einander näher bringt.
Von Caroline Lin
Zunächst wirkt das Spielfilmdebüt des Inders Ritesh Batra mit dem glanzlosen Grau einer Arbeits-Doku über Bürotröten spärlich unterhaltsam. Aber dahinter steckt System: Aus dem eintönigen Alltagseinerlei, das einer lakonischen Komödie Vorschub leistet, erwächst die Sehnsucht nach dem Glück, das sich für so viele in der Millionenmetropole Mumbai nicht erfüllt.
Virtuos choreographierte, schräge Anarcho-Komödie mit Sinn für dadaistischen Humor im Geiste Boje/Bucks und Helge Schneiders.
Leander Haußmann, Sven Regener, D 2013
DVD/BD-Start: bereits erschienen
Story: Ein Hai hat dem Bademeister am idyllischen Müggelsee den Arm abgerissen. Woraufhin der Bürgermeister des verschlafenen Friedrichshagen am östlich Stadtrand Berlins mit Wahlkampf- und Marketing-Experten den lukrativen Hai-Alarm auslöst. Haijäger Snake soll dem Untier nachstellen, hat aber Frauenärger.
Von Thorsten Krüger
In der hohen Kunst des Humors übt sich das Kreativ-Duo Leander Haußmann und Sven Regener („Herr Lehmann“), wenn sie „Der weiße Hai“ als virtuose Anarcho-Komödie mit Sinn für Dadaismus und Anleihen bei Detlev Buck, Aki Kaurismäki, Herbert Achternbusch plus vor allem Helge Schneider neu auflegen. Selbst geschriebene, schrullige A-Capella-Songs begleiten die Provinz-Ballade im Alternativ-Low-Budget-Look.
Joseph Gordon-Levitt, USA 2013
Kinostart: 14.11.2013, DVD/BD-Start: 17.03.2014
Das Regiedebüt des Karriereschauspielers Joseph Gordon-Levitt („Inception“) ist „Shame“ als Hochglanz-Farce, deren Satire auf ordinäre Macho-Attitüden und sexuelle Fehlentwicklungen nicht ganz trennscharf von ihrer Werbeclip-Verherrlichung bleibt und die zudem eine irritierend konservative Moraldidaktik aufweist. Fabelhaft gibt Gordon-Levitt den schmierigen Aufreißer im Muscle-Shirt, der als Porno-Junkie Sex statt Beziehungen sucht und selbst bei Vollblutweib Scarlett Johansson findet, dass das echte Leben nicht an seine Masturbations-Highlights heranreicht.
Daniel Krauss, D/AU 2013
Kinostart: 31.10.2013, DVD/BD-Start: 28.03.2014
Grell überzogene Verwechslungskomödie, mit der TV-Darsteller und Regisseur Daniel Krauss („Wo es weh tut“) wahllos Schrotschüsse gegen die Verlogenheiten der Fernsehbranche, des Pornogeschäfts und der Heimatfilmidyllen abfeuert. Mag das Drehbuch noch als derbe Fäkalienhumorvariante von Helmut Dietl und Gerhard Polt durchgehen, vergeigt die inkompetente Inszenierung das Schmäh-Chaos zur unerbittlich unlustigen Comedy-Satire, die dermaßen (farb)übersteuert die Trashkultur parodiert, dass sie sich davon nicht mehr unterscheidet.
Die lebensweise Brit-Comedy trifft mit Zeitzauberei, zarter Romantik, frechen Pointen und glänzendem Charme direkt ins Herz.
About Time, Richard Curtis, GB 2013
Kinostart: 17.10.2013
Story: Mit 21 Jahren erfährt Tim von seinem Vater ein Familiengeheimnis: Alle Männer können durch simple Konzentration in ihre Vergangenheit zurückreisen. Begeistert korrigiert der unscheinbare Bravling Entscheidungen so lange, bis er mit Mauerblümchen Mary seine Traumfrau erobert. Die Methode hat gleichwohl Grenzen.
Von Caroline Lin
„Die Frau des Zeitreisenden“ begegnet „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, für den Richard Curtis ebenso das Script schrieb wie für „Notting Hill“. Nach zwei seichten Regiearbeiten landet er mit dieser wunderbar anrührenden Zeitreise-Komödie einen Volltreffer und knüpft direkt an seine respektlos frechen und unschlagbar witzig-charmanten Drehbuchtage an.
Ans Innerste rührendes Zeichentrickmeisterwerk im Geiste Miyazakis um die Lebensgeschichte einer Mutter und ihrer beiden Wolfskinder.
Okami kodomo no ame to yuki, Mamoru Hosoda, J 2012
DVD/BD-Start: bereits erschienen
Story: Kaum hat sich Hana in einen mysteriösen Mitstudenten verliebt, erwartet sie auch schon zwei Kinder von dem Mann, der ihr gesteht, der letzte Wolfsmensch zu sein und kurz darauf umkommt. Als junge Witwe zieht sie mit der älteren Yuki und dem kleinen Ame in die Berge, um allein zwei Wolfskinder großziehen.
Von Sir Real
Es gibt Filme, die einfach glücklich machen: Schön wie ein Haiku beschreibt Mamoru Hosoda in seinem vierten Animé und vorläufigem Meisterwerk die Lebensgeschichte einer Familie als kitschfreies Märchen von der aufopferungsvollen Hana („Blume“), ihrem ängstlich-schwachen Sohn Ame („Regen“) und dessen älterer, mutiger Schwester Yuki („Schnee“), die als Erzählerin fungiert.