Unschlagbar unheimliche bulgarische Horrormystery um eine gespenstische Naturkraft, die fünf Menschen in den Wahnsinn treibt
Vila Roza, Martin Makariev, BG 2013
ohne deutschen Start
Story: Herbst 1985: Die frisch verheirateten Vasko und Nadya fahren in die abgelegene Berghütte Roseville mitten im dicht bewaldeten Balkangebirge. Nur Gastgeber George, seine Vertraute Dora und der US-Fotograf Stephen sind vor Ort. Und eine alte kahle Eiche, die finstere Halluzinationen auslöst.
Von Thorsten Krüger
Bulgarien dient vielen internationalen Produktionen als beliebtes Billiglohnland („The Expendables 3“ und „Autómata“ entstanden hier letztens), der – angeblich – erste genuine Horrorthriller aus dem südosteuropäischen Staat hingegen erblickte erst vor Kurzem das Licht der Welt: Der sonst mit TV-Serien beschäftigte Martin Makariev bringt mit „Roseville“ keinen Schock-Snack, sondern stimmungsschwer dunkel-rätselhafte Phantastik an.
Story: Der frisch ausgebildete britische Rekrut Gary wird 1971 in die nordirische Bürgerkriegsstadt Belfast versetzt, bei Ausschreitungen von seiner Einheit getrennt und von IRA-Terroristen durch die Straßen gejagt. Ohne genaue Ortskenntnis muss er die nächste Nacht überstehen, weiß nicht, wer Helfer, wer Verräter ist.
Von Thorsten Krüger
Die Explosivität des Konfessions-Konflikts Anfang der 1970er Jahre kulminiert im auf 24 Stunden komprimierten urbanen Überlebens-Thriller des parisstämmigen Serienregisseurs Yann Demange in seinem für den Goldenen Bären und den Europäischen Filmpreis nominierten Kinodebüt. „’71“ löst zwar nicht die Erschütterung von Paul Greengrass’ „Bloody Sunday“ aus, entlarvt aber die Unmenschlichkeit auf allen Seiten schonungslos.
US-Kinos nehmen die Komödie wegen Terrordrohungen aus dem Programm
Es ist schon fast so absurd wie die irrwitzige Komödie mit Seth Rogen und James Franco: Im Sommer protestierte Nordkorea bei der UNO nach Sichtung des Trailers (siehe unten) gegen „The Interview“, analog zum Aufschrei bei der Puppen-Provokation „Team America“ vor zehn Jahren. Im November brach die Hackergruppe „Guardians of Peace“ bei Verleih Sony ein, um die Veröffentlichung des Films zu Weihnachten zu verhindern. Und nun folgten Terrordrohungen gegen Kinos, die den respektlosen Politspaß spielen wollen.
Wanderung durch den Bürgerkrieg: Lyrische Gewissensreflexion in einem historischen Indie-Western-Drama, das Aufmerksamkeit verdient
Chris Eska, USA 2013
ohne deutschen Start
Story: Während des Bürgerkriegs in Virginia 1864: Der 13-jährige Waisenjunge Will liefert mit seinem Onkel Marcus geflohene Sklaven an den Kopfgeldjäger Burrell aus. Für die schwarzen Söldner ohne Moral zählt nur Geld, doch das ändert sich, als sie Nate ausfindig machen und Will an seiner Tätigkeit zweifelt.
Von Thorsten Krüger
Das Komplement pompöser Historienschinken findet sich in einem Low-Budget-Verbund aus Western, Road Movie und Coming of Age, dessen naturbelassene Art „Meek’s Cutoff“ näher steht als dem Hochglanzpathos eines „Glory“. Chris Eska, der in „August Evening“ auf den Spuren von Terrence Malicks Südstaatenfilmen wandelte, erschafft das Äquivalent einer William-Faulkner-Novelle mit emotionalem Widerhall.
Arthaus-Sportlerdrama der Gebeugten, deren Psychoschaden-Konstellation mit Steve Carell auf eine aktenkundige Tragödie hinausläuft
Bennett Miller, USA 2014
Kinostart: 05.02.2015, DVD/BD-Start: 25.06.2015
Story: Mit Bruder Dave hat Ringer Matt 1984 olympisches Gold gewonnen und beginnt bei Millionär John Du Pont, dem letzten Spross einer Waffenhändlerdynastie, für Seoul 1988 im Team Foxcatcher zu trainieren. Als Dave auf Johns Landsitz nachzieht, sieht dieser ihn als Trainer- und Mentor-Rivalen um Matt.
Von Thorsten Krüger
Minimaler Plot, maximale Laufzeit: Bennet Miller verknüpft den True Crime aus „Capote“ mit dem Sportprofessionalismus aus „Moneyball“ zu seinem dritten biografisch orientierten Drama um die Abgründe menschlicher Ambitionen, was als Psycho-Chronik eines realen Mordfalls atypisch und angemessen eigen ausfällt, aber nicht eigen genug, um zu faszinieren. Das übernimmt ein mit seinen Rollen verschmelzendes Darsteller-Trio.
Theatralik mit Hobbit-Plattfüßen: Die finale Fantasy-Schlacht um Mittelerde gleicht einem einschläfernden Edel-Videogame
The Hobbit: The Battle of the Five Armies, Peter Jackson, NZ/USA 2014
Kinostart: 10.12.2014, DVD/BD-Start: 23.04.2015
Story: Bard hat den feuerspeienden Drachen Smaug erlegt, seine Heimatstadt aber geht in Flammen auf. Zwerg Thorin verweigert den Menschen die Hilfe und mauert sich in der Bergfestung Erebor ein auf der Suche nach dem Arkenstone, belagert von Elben. Bilbo und Gandalf greifen ein, als ein Ork-Heer anmarschiert.
Von Thorsten Krüger
Der Abschluss von Peter Jacksons zweiter Tolkien-Trilogie greift (viel zu) tief in den Computer-Malkasten, um mit Dramatik und Monstern zuhauf besagte fünf Heere aufeinanderprallen zu lassen; mit Figuren, die einem nichts bedeuten und Fights, die nicht mitreißen, zum Teil deshalb, weil mit CGI jeder Kamerawirbel und Effekt möglich ist und nichts mehr eine Leistung, sondern alles so unecht wie der artifizielle HFR-Look in 3D.
Gott ist ein Kind und hat verdammt schlechte Laune. Denn in Ridley Scotts Bibelepos um Moses und den Auszug der Juden aus ägyptischer Sklaverei ist er kein sanfter Gebieter, sondern ganz alttestamentarisch zornig und rachsüchtig. Düsterer Höhepunkt: Er raubt den Atem aller Erstgeborenen, weil Ramses das geknechtete Volk nicht ziehen lassen will. Ansonsten dominiert die kühle Rationalität von Christian „Batman“ Bale, der 1300 vor unserer Zeitrechnung als pragmatischer Skeptiker zwar mit einem nur ihm sichtbaren Schöpfer Zwiegespräche führt und dessen Auftrag erledigt, aber kein bisschen missioniert. Das ist für ein Quasi-Remake von Cecil B. DeMilles „Die zehn Gebote“ schon verblüffend.
Story: Die in Scheidung lebende Marie arbeitet für das norwegische Eichamt und springt für ihren Vater ein, als dieser einen Herzinfarkt erleidet und im Krankenhaus liegt: Sie fliegt zu einer Wissenschaftskonferenz in Paris, um das Referenzkilogramm neu zu kalibrieren und verliebt sich in den charmanten Gärtner Pi.
Von Thorsten Krüger
Wiederholt hat der Norweger Bent Hamer versucht, per Vermessung die Welt zu verstehen. Diesmal reduziert er zwar die Skurrilität seiner größten Erfolge „Kitchen Stories“ und „O’ Horten“, nicht aber die undramatische Stille und, natürlich, skandinavische Lakonie, mit der er Ane Dahl Torp („Pioneer“) warmherzig zuschaut, wie diese Schwester im Geiste von „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“von ihren Gefühlen eingeholt wird.
Beständig berührend: Reese Witherspoon wandert auf einem Marathonpfad nach den Memoiren von Cheryl Strayed zu sich selbst zurück
Wild, Jean-Marc Vallée, USA 2014
Kinostart: 15.01.2015, DVD/BD-Start: 21.05.2015
Story: Ohne Vorbereitungen lässt Cheryl ihr zertrümmertes Leben hinter sich und beginnt im Sommer 1995 wild entschlossen auf dem Pacific Crest Trail durch die einsame Wildnis fast 2000 Kilometer von Südkalifornien bis Nordoregon zu wandern. Verfolgt von Erinnerungen verarbeitet sie allmählich ihre Fehler.
Von Thorsten Krüger
Nach männlicher Selbstfindung in seinem spröden Oscargewinner „Dallas Buyers Club“ geht Jean-Marc Vallée an die weibliche – der Pilgermarsch einer großen Sünderin nach dem autobiografischen Bestseller „Wild“ von Cheryl Strayed. Im humorvoll-nachdenklichen Läuterungsweg geht der Kanadier einen großen Schritt auf den Zuschauer zu und kann sich auf die Kompetenz von Drehbuch-As Nick Hornby („About a Boy“) verlassen.
Das dritte Abenteuer der SciFi-Reihe mit Jennifer Lawrence ist ein düster-behäbiges Kriegsdrama, das darauf wartet abzuheben.
The Hunger Games: Mockingjay – Part 1, Francis Lawrence, USA 2014
Kinostart: 20.11.2014, DVD/BD-Start: 26.03.2015
Story: Im zerstört geglaubten, unterbunkerten Distrikt 13 kommen Katniss, ihre Familie und die überlebenden Tribute unter, wo Präsidentin Coin Katniss überzeugt, das Symbol der Rebellion zu werden. Ihre Liebe, der vom Kapitol gefangen gehaltene Peeta, sendet dieweil unter Zwang Falschinformationen aus.
Von Thorsten Krüger
In inzwischen vertrauter Profitgier-Routine wurde Suzanne Collins’ Buchtrilogie auf vier Blockbuster aufgeblasen, womit die in zwei Hälften aufgeteilte dritte Dystopie sich in bester Gesellschaft von „Harry Potter“, „Twilight“ und dem „Hobbit“ befindet. Im mit Stars gespickten, behäbig ausgebreiteten Kriegsdrama mit gelegentlichen SF-Elementen wartet man darauf, dass es richtig losgeht. Aber das passiert erst in einem Jahr.
Bill Murray als altes Raubein mit Herz hat das Potential zum Heiligen in einer heiter-ernsten Working-Class-Tragikomödie.
Theodore Melfi, USA 2014
Kinostart: 08.01.2015, DVD/BD-Start: 14.05.2015
Story: Der pensionierte, verschuldete Vietnam-Veteran Vincent verbringt seine Zeit mit Perserkatze Felix, Whiskey, Pferdewetten und der schwangeren Hure Darka. Widerstrebend übernimmt er für die frisch geschiedene neue Nachbarin Maggie das Babysitten für ihren 12-jährigen Sohn Oliver, ganz auf seine Art.
Von Thorsten Krüger
Von politisch allzu korrekten (Moral)Vorstellungen lasterhaft Abstand nehmend, fügt Theodore Melfi in seiner selbst geschriebenen Komödie eine Underdog-Patchwork-Familie zusammen, die sich – abzüglich der Dysfunktionalität – mit „Little Miss Sunshine“ messen kann. Der Debütant ermöglicht Komiker-Legende Bill Murray („Grand Budapest Hotel“) frech, aber sympathisch seine beste Rolle seit Jim Jarmuschs „Broken Flowers“.
Story: Der arglose Jerry hat zur Freude seiner Therapeutin einen Job als Lagerist in der Badewannenfabrik des Provinzkaffs Milton ergattert. Er fährt auf Buchhalterin Fiona ab, tötet sie aber versehentlich, woraufhin die Stimmen seiner Haustiere und ihr Kopf im Kühlschrank weitere Spielkameraden fordern.
Von Thorsten Krüger
Die iranische Künstlerin Marjane Satrapi, die ihrem Anspruch mal mehr (in der autobiografischen Animation „Persepolis“), mal weniger („Huhn mit Pflaumen“) gerecht wird, pausiert beim Autorenfilm und übernimmt sich etwas beim Versuch, der Aufgabenstellung „schwarze Killerkomödie“ originelle Aspekte zu entlocken. Unentschlossen verrührt sie „Office“-Satire, tragisches Psychodrama, Gore-Groteske und Serienmörderthriller.
Indie-Thriller, der stimmungsstark-lyrisch einen Coming-of-Age-Noir um drei Freunde im Griff der Texas-Mafia strickt.
aka We Gotta Get Out of This Place, Simon Hawkins, Zeke Hawkins, USA 2013
ohne deutschen Start
Story: Bevor Sue und ihr heimlicher Lover Bobby zum College fortziehen, verprassen sie und Sues Macho-Freund BJ im staubigen Texas Tausende Dollar. Nur hat BJ das Geld seinem brutalen Boss geklaut, weshalb der erst einen Unschuldigen umbringt und die Teens sodann zwingt, einen Gangsterking zu beklauen.
Von Thorsten Krüger
Was die Hawkins-Brüder nach zahlreichen Kurzfilmen als Debüt präsentieren, ist ein feiner Vertreter des Southern Western Noir Subgenres, ein Terrain, auf dem kürzlich auch „Blue Ruin“ und „Cold in July“ siedelten. Mit 70er-Touch authentisch an die Krimis von Jim Thompson („Getaway“) angelehnt, beruft sich die Gestaltung ferner auf Bogdanovichs „Die letzte Vorstellung“, Malicks „Badlands“ und „Blood Simple“ von den Coens.
Kristen Stewart in einem subtil-traurigen Gefängnis- und Kommiss-Drama um ein wenig Menschlichkeit in einer stillen Hölle.
Peter Sattler, USA 2014
DVD/BD-Start: 23.04.2015
Story: Die idealistische Jungsoldatin Amy Cole tritt ihren Dienst im Hochsicherheitslager Guantanamo an. Obwohl der seit acht Jahren internierte Araber Ali sie zunächst mit Fäkalien bewirft und „Blondie“ schimpft, entwickelt Amy Mitgefühl. Eine Freundschaft entsteht, für die sie ihr Vorgesetzter schikaniert.
Von Thorsten Krüger
Nachdem Stewart ihr Talent für die unsägliche „Twilight“-Reihe lange genug verschwendet, wenn nicht verschüttet hat, holt sie es nun wieder hervor. Und es hat seit frühen Auftritten in „Panic Room“ und „Speak“, der erst jetzt hierzulande auf DVD erscheint, keinen Schaden genommen. Ein wenig flacher als ihre Performance in „Die Wolken von Sils Maria“ ist ihr Part im Debüt von Peter Sattler (Grafik-Designer bei „Star Trek“) indes schon.
„Carrie“ und „Der Exorzist“ verbünden sich zu einem technisch perfekten übernatürlichen POV-Psychohorror mit Alexia Fast.
Grace, aka Grace: The Possession, Jeff Chan, USA/CDN 2014
DVD/BD-Start: 27.11.2014
Story: Ihre Mutter Mary verstarb beim Notkaiserschnitt, ihr Vater ist unbekannt – so wächst Waisenkind Grace bei Großmutter Helen auf, die ihr Bibeltreue einprügelt und sie aus dem College nimmt, als die unbedarfte 18-Jährige mit Teufelsvisionen auf einer Party kollabiert. Gegen die sind auch Priester machtlos.
Von Thorsten Krüger
Elijah Wood machte es als „Maniac“ vor, Teilzeit-Scream-Queen Alexia Fast („The Captive“, „Fido“) zieht nach und Debütant Jeff Chan hat mit seinen Videogame-Clips zu „Call of Duty“ das technische und handwerkliche Rüstzeug, um nach 10 Minuten Laufzeit mit der Kamera in die subjektive Perspektive einer verhuschten Hysterikerin und Schwester „Carries“ zu wechseln, was bekannten Motiven eine originelle Note gibt.
Universe of Love: Christopher Nolans kühnes Sci-Fi-Epos um die Rettung der Menschheit ist der Film des Jahres.
Christopher Nolan, USA/GB 2014
Kinostart: 06.11.2014, DVD/BD-Start: 31.03.2015
Story: Auf einer dem Untergang geweihten Erde entdeckt Ex-NASA-Pilot und Farmersvater Cooper ein Geheimprojekt der Weltraumbehörde, die ihn für einen verzweifelten Versuch anwirbt, mit einer Wurmloch-Mission einen fremden Planeten zur Besiedlung zu finden. Dafür muss Cooper seine Tochter Murphy verlassen.
Von Thorsten Krüger
Im Kern handelt Nolans starbesetzter Autorenfilm im Blockbusterformat vom Überlebensinstinkt und anderen Wesenszügen der menschlichen Natur. In der sich im Science-Fiction-Gewand von „2001 – Odyssee im Weltraum“ kleidenden spirituellen Fantasy-Zeitreise to infinity and beyond verkündet eine epochale, mehr als alle Nolan-Erfolge zuvor emotional überwältigenden Symphonie: Liebe hält unser Universum zusammen.
Betrachtungen der Spezies (Allzu)Mensch: Roy Anderssons surreale Tragikomödie über das Scheitern ist ganz großes Kunstkino.
En duva satt på en gren och funderade på tillvaron, aka A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence, Roy Andersson, S/D/N/F 2014
Kinostart: 01.01.2015
Story: Die deprimierten Sam und Jonathan sind Vertreter für Scherzartikel, mit denen sie helfen wollen, Spaß zu haben. Aber keiner der kummervollen Göteborger Kunden hat daran Interesse und die beiden Pechvögel stecken tief in den Schulden. Derweil geht selbst König Karl der XII. vor die Hunde.
Von Thorsten Krüger
Der Gewinner des Goldenen Löwen verkauft philosophische Scherzartikel, bezahlt sie mit Küssen und tritt Lachsäcke tot: Der finale Teil von Anderssons Trilogie über das Menschsein schließt nach dem schwächeren „Das jüngste Gewitter“ wieder an die kuriose Klasse von „Songs from the Second Floor“ an und entwickelt wie dieser Geniestreich eine Stimmung, die einen nicht mehr los lässt. Und hin und wieder gurrt eine Taube.
Seelische Abgründe in verträumtem 80er-Hochglanz: Shailene Woodley in einer freizügig-komischen Coming-of-Age-Mystery.
White Bird in a Blizzard, Gregg Araki, F/USA 2014
DVD/BD-Start: 07.08.2015
Story: Eine US-Vorstadtsiedlung im Herbst 1988. Von einem Tag auf den anderen verschwindet Eve, die zuletzt schwer erträgliche Mutter der 17-jährigen Kat, spurlos. Als die polizeilichen Ermittlungen nichts ergeben, beginnt Kat eine Affäre und entwächst ihrem Umfeld. Nur Eves Geheimnis bleibt verborgen.
Von Thorsten Krüger
In seiner bislang reifsten Leistung stellt US-Indie Auteur und New-Queer-Cinema-Begründer Gregg Araki („Mysterious Skin“) zu genießerischem 80er-Look und sanften Synthiepophymnen sein Lieblingssujet vor, das sexuell freizügige Erwachsenwerden. Er verbindet Teen-Fantasien mit harten Gefühlsrealitäten zur extravaganten „Twin Peaks“-Version, aus der er High Camp und Komik kitzelt und dennoch das Authentische wahrt.
Stilistisch und darstellerisch furios: Alejandro González Iñárritu mixt Meta-Showbiz-Satire mit Theater-Künsterkomödie.
Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance), Alejandro González Iñárritu, USA 2014
Kinostart: 29.01.2015, DVD/BD-Start: 11.06.2015
Story: 20 Jahre nach seinem Ruhm als Superheldendarsteller will sich der bankrotte Darsteller Riggan Thomson mit einem Raymond-Carver-Stück am Broadway neu erfinden. Die Vorbereitungen verlaufen chaotisch, ein Method Actor mit Riesen-Ego, Geliebte, Tochter, Ex und eine Kritikerin sind der Stoff für Alpträume.
Von Thorsten Krüger
Ein Fegefeuer der Eitelkeiten zwischen Fantasy und Existenzialismus bringt das mexikanische Regiewunderkind, der bisweilen überschätze Iñárritu („Amores Perros“, „Babel“), in seinem ersten komischen Werk an. Das ist satirisches Spiegelvorhalten und frenetische Liebeserklärung an das Schauspielmetier gleichermaßen – nicht so giftig-pervers wie „Maps to the Stars“ oder ungeschminkt-wahrhaftig wie „Die Wolken von Sils Maria“.
Oft aufrüttelnd, bisweilen durchwachsen: Alexander Fehling in einem Justizkrimi um das Schweigeklima vor den Auschwitz-Prozessen 1963.
Giulio Ricciarelli, D 2014
Kinostart: 06.11.2014, DVD/BD-Start: 21.05.2015
Story: 1958. Nur mit Deckung seines Chefs Fritz Bauer und Hilfe eines FR-Reporters beginnt der mit Verkehrsdelikten betraute junge Frankfurter Staatsanwalt Johann Radmann im Fall eines unbehelligt lehrenden Auschwitz-Aufsehers zu recherchieren. Er stößt auf 8000 SS-Täter und eine ganze Mordmaschinerie.
Von Thorsten Krüger
Ohne Auschwitz (Besuch inklusive) als zentraler Gräuelmythos geht nichts im deutschen Vergangenheitsbewältigungsgenre, als dessen gehobener und historisch akkurater Vertreter Giulio Ricciarellis Debütarbeit einen Grünschnabel gegen alle Widerstände den Horror des Holocaust entdecken lässt. Das Porträt der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft formt sich teils zum fesselnden Justiz- und Politthriller der Adenauer-Ära aus.
Liebe ist kein Verbrechen – außer man war homosexuell und unterlag in Deutschland dem erst 1994 endgültig gestrichenen Paragraf 175 (oder lebt heute in Serbien oder Russland). In der liberaleren Schweiz immerhin gab es im mondänen Zürich von 1943-1967 die Kunst- und Literaturzeitschrift „Der Kreis“, die große Bedeutung für die Homosexuellenbewegung der Nachkriegszeit erlangte. Ihre Historie – anhand der Liebesgeschichte eines damit verbundenen Paares – erzählt Stefan Haupt („Elisabeth Kübler-Ross“) aus finanziellen Gründen notgedrungen als Doku-Drama.
Das Samurai-Western-Remake von Clint Eastwoods „Erbarmungslos“ ist ein stimmungsvoll bebilderter, tragischer Epochen-Abgesang.
Yurusarezaru mono, Lee Sang-Il, J 2013
Kinostart: 04.12.2014, DVD/BD-Start: 02.04.2015
Story: 1880. Nach dem Ende des Shogunats lebt der alternde Ex-Samurai Jubei zurückgezogen als Bauer, als ihn sein Kamerad Kingo um Beistand bittet, für Kopfgeld zwei Siedler zu töten, die einer jungen Prostituierten das Gesicht zerschnitten haben. Aber der sadistische Kleinstadt-Sheriff Ichizo demütigt sie brutal.
Von Thorsten Krüger
West-östliche Wechselwirkungen: Akira Kurosawa, ein großer Bewunderer von John Ford, wurde durch die US-Remakes seiner Werke „Yojimbo“ („Für eine Handvoll Dollar“) und „Die sieben Samurai“ („Die glorreichen Sieben“) geadelt. Nun geht der Kultur-Transfer zurück nach Nippon, in einer originalgetreuen und doch mit japanischer Geschichte ergiebig gefüllten Neufassung von Eastwoods vierfachen Oscargewinner von 1992.
Hochkarätiges Schauspiel-Entertainment: ein sentimental-humorvolles Familiendrama im Korsett eines Justizthrillers. Hollywood pur!
The Judge, David Dobkin, USA 2014
Kinostart: 16.10.2014, DVD/BD-Start: 26.02.2015
Story: Widerwillig reist der in Scheidung lebende, aalglatte Großstadtwinkeladvokat Hank – Markenzeichen: skrupellos schuldige Verbrecher vertreten – in die Provinzheimat zur Beerdigung seiner Mutter zurück. Wo er seinen herrischen Vater, den unter Mordverdacht stehenden Richter, verteidigen muss.
Von Thorsten Krüger
David Dobkin kennt man für Komödien wie „Die Hochzeits-Crasher“ und auch sein Wechsel ins seriöse Fach birgt einige Komik, was zusätzliches Entertainment bedeutet. Aus dem Korsett eines Justizthrillers wie aus der Feder von John Grisham („Die Jury“) entschlüpft die humorvolle Zusammenführung einer (Männer)Familie mit den Ingredienzien eines Tennessee-Williams-Dramas („Die Katze auf dem heißen Blechdach“).
Streng schematischer, düster und brutal gewirkter zweiter Kinokrimi nach Jussi Adler-Olsens Bestseller-Ermittler Carl Mørck.
Fasandræberne, aka The Absent One, Mikkel Nørgaard, DA 2014
Kinostart: 15.01.2015, DVD/BD-Start: 27.08.2015
Story: Im Dezernat Q öffnen Carl Mørck und Partner Assad die Akte eines auf 1994 zurückdatierenden Doppelmords. Dessen wahre Täter sind die einflussreichen Topmaganer Ditlev und Ulrik, die ihre Ermittlungen behindern. Eine fieberhafte Suche nach der seit 20 Jahren verschwundenen Zeugin Kimmie entbrennt.
Von Thorsten Krüger
Das Team von „Erbarmen“ kommt in der dänisch-deutschen Koproduktion gütemäßig nicht über den Vorgänger hinaus. Die knapp bemessene Komik zwischen dem kettenrauchenden Miesepeter Carl (Hackfresse: Nikolaj Lie Kaas) und seinem umgänglichen Assistenten Assad (Fares Fares) reagiert zu keiner Buddy-Chemie. Aus einem stillgelegten Fall destillieren sie Sexualdelikte und Serienmorde von drei dafür nie belangten Tätern.
Ein Serienmörder sammelt Facebook-Likes mit abgeschnittenen Händen – und ein norddeutsches Gör jagt ihn. Aufgekratzter Kolportage-Thriller.
Michael David Pate, D 2014
Kinostart: 09.10.2014
Story:Serienkiller „der Fleischer“ kontaktiert seine Opfer über Social Media, um sie anschließend zu ermorden und die Taten online zu stellen. Als Teenagerin Jennifer stirbt, nimmt ihre unerschrockene Freundin Natascha seine Fährte auf und eröffnet die Jagd auf den Täter. Der lässt sich nicht lange zum Duell bitten.
Von Thorsten Krüger
Michael David Pates filmförderungsfreies Leinwanddebüt ist gewiss etliche Budget-Nummern kleiner als „Who Am I“ und doch haushoch unterhaltsamer. Sein so unbekümmerter wie aufgekratzter Web-Thriller ist ein kontemporäres Update der Edgar-Wallace-Verfilmungen, komisch krumm, Pulp und Satire wild umarmend, mit Lokalkolorit, dem Jargon internetsüchtiger Chat-Küken und einer schlagkräftigen Heroine.