Sein letztes Rennen

Aufruhr im Altersheim: Ergreifende Tragikomödie mit Dieter Hallervorden als Olympia-Rentner mit Comeback-Träumen.

Sein letztes Rennen Cover

Kilian Riedhof, D 2013
Kinostart: 10.10.2013, DVD/BD-Start: 26.03.2014
Story: Läufer-Legende Paul zieht wegen seiner gebrechlichen Frau ins Altersheim. Bevor er sich dort totbastelt, will es der über 70 Jahre alte Olympiasieger noch einmal wissen und trainiert für den nächsten Berlin Marathon. Als seine Frau verstirbt, verbieten ihm Heimleitung und Tochter das Ansinnen rigoros.
Von Gnaghi

Klamaukkönig, Kabarettist, Charakterdarsteller: Dieter Hallervorden, schon früh auch als fähiger Mime aufgefallen („Das Millionenspiel“), gibt im vorgerückten Alter ein phänomenales Kino-Comeback als Jungbrunnen, der ein Altenstift aufmischt. Mit weißem Vollbart, Körperfülle und ausdrucksstarkem Gesicht trägt er den heiter-nachdenklichen Film von TV-Regisseur Kilian Riedhof („Homevideo“) auch dann emotional, wenn der Story zwischenzeitlich die Puste ausgeht.

Raus aus dem gemütlichen Häuschen mit Apfelbaum, rein ins triste Totenheim, wo Gutmenschen-Pädagogen eine Schreckensherrschaft aus Tugendterror und dreister Entmündigung errichtet haben – deutlicher lässt sich Kritik am Pflegesystem kaum herausschreien. Wer sich auf seiner letzten Station nicht dem Konformitätsdruck beugt und schicksalsergeben auf den Tod wartet, sondern für einen unerreichbaren Traum trainiert, bringt wohlmeinende Verbotsfanatiker (Katrin Sass) und verbiesterte Katholikinnen gegen sich auf, inspiriert aber auch Rentner, die nicht wie Kinder behandelt werden wollen.

Mitreißend-bewegendes Finale im Stil von „Die Stunde des Siegers“

Das ist von Riedhof nach eigenem Drehbuch gewandt und patent inszeniert. Den Glaubenskrieg der Lebensanschauungen zwischen Revolutionär und seinen Kontrahenten packt er aber zu betulich an und tritt ihn mit Stereotypen breit, überläd ihn zudem mit dem Loslösen der Tochter (Heike Makatsch). Das Elend des Alters findet durch den Todesfall, der zwei Unzertrennliche scheidet, seine schwerste Stunde.

Aber der Jubel für den Champion greift von Beginn an über, wenn er einen verloren geglaubten Lauf in Melbourne 1956 gewinnt. Die Magie des Siegers beseelt auch den langen Hürdenparcours von Älterwerden, Gebrechlichkeit, Abschied und Tod durch ein unerschütterliches „Weitermachen“. Was davor an Biss und Energie gefehlt hat, liefert ein mitreißend-bewegendes Zeitlupenfinale im Stil von „Die Stunde des Siegers“ nun frei Haus, kommentiert von „Sportschau“-Moderator Matthias Opdenhövel. Ein begeisternder Glückstaumel nach einer etwas redundanten Predigt und ein Epilog, der einen schönen Kompromiss findet zwischen Altersverwahrung und Obstgartenidylle.

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