Kinostart: 12.12.2013, DVD/BD-Start: 28.11.2014
Ästhetisch ist Tomás Lunáks Adaption der dreiteiligen Graphic Novel von Jaromír Svejdík ein Genuss, aber als adäquate Aufarbeitung der völkerrechtswidrigen Vertreibung der Sudetendeutschen direkt nach dem Zweiten Weltkrieg nur unzureichend. Die Wucht der nie gesühnten Verbrechen, in denen Unrecht mit Unrecht vergolten wurde, verschwindet in einem nebulös-banalen Plot, der nicht unter die Haut gehen will.
Dabei wären die stimmungsvollen, kontrastreichen Schwarzweißbilder, die das Rotoskopie-Verfahren liefert, ein ideales Mittel für diese Arthaus-Animation, sich einem soziopolitisch heißem Eisen ähnlich wie „Waltz With Bashir“ anzunähern. Die Nebelschwaden, die zu Moll-Streichern durch den Herbstwald der tschechoslowakisch-polnischen Grenzregion ziehen, verhüllen symbolstark die Vergangenheit, die als Halluzination rumort.
So attraktiv dieser flächige, mit kräftigen Linien und Konturen versehene, lakonisch-melancholischer Comic auch anzuschauen ist, seine übermäßige Subtilität schadet ihm nachhaltig. Ein dunkles Geschichtskapitel, die gewaltsame Umsiedelung eines seit Jahrhunderten ansässigen Volkes, was sowohl vor Ort als auch in Deutschland offiziell verdrängt wird, bleibt viel zu versteckt und verschwindet hinter Andeutungen.
Die Engführung mit dem Wendejahr 1989, im Endstadium des Sozialismus, wo die Geheimdienste nochmal mit brutalen Methoden foltern, bevor diese Zeitenwende – der Abzug der russischen Besatzer – mit der Vergangenheit abschließt, bleibt so fragmentarisch unterenwickelt, dass man sich geradezu ein großes Melodram wünscht, aber nur mit Eisenbahnerromantik à la Kaurismäki und einem narrativen Gestopsel abgespeist wird.
Kenntnis der historischen Fakten setzt Lunák strikt voraus und erklärt nichts, was historisch Nichteingeweihten Zugang und Verständnis verbaut. In der finsteren Noir-Atmosphäre müssen dann auch noch eine späte Rache abgehandelt werden – doch weil die Figuren so uninteressant und schwach ausgearbeitet sind, lässt einen dieser schmerzhaft verschenkte, gleichzeitig zu plakative, als auch viel zu verhaltene Film bestürzend kalt.