Kinostart: 01.05.2014
Wenn manche deutsche Filme nicht in grauer Hässlichkeit baden, geht es ihnen nicht gut. So gesehen läuft es super für „Über uns das All“-Regisseur Jan Schomburgs Krankheitsfilm, aus dem sich, ebenso landestypisch, doch nur ein Beziehungsdrama schält. Kein Himmelsblau, kein Pflanzengrün oder Sonnenstrahl weit und breit, sogar der Wald ist trist und farblos. Ein Land, in dem alle betroffen, betreten und freudlos sind.
Eigentlich ist „Vergiss mein Ich“ ja ein Quasi-Remake der Jim-Carrey-Romanze „Vergiss mein nicht“, was toll wäre, wenn Maria Schrader nicht so arg die Vollverwirrte „spielen“ würde, hart an der Grenze zur Parodie. Und außerdem: Ich will diese Frau nicht nackt sehen müssen, und nicht bei Doktorspielen, wenn sie sich an Ronald Zehrfelds Geschlechtsteilen festhält. Als hätte ein Filmhochschüler versucht, „Kunst“ zu fabrizieren.
Eine Zumutung, zäh und so emotionslos wie die Hauptfigur. Dabei fühlt der subjektive Nahaufnahmen-Stil, der alles verschwommen und dunkel zeigt, ihrer Verstörung nach, übertreibt es aber, auch weil man so niemanden richtig kennenlernt, weshalb Identifikation in dem distanzierten Werk unmöglich bleibt. So dissoziativ und dissonant eine retrograde Amnesie thematisiert wird, es ist ein in jeder Hinsicht spärlicher Versuch.
Dass diese Lena geistig auf dem Niveau eines Kleinkinds redet und sich auch so verhält, alle sie trotzdem wie eine zurechnungsfähige Erwachsene behandeln, ist so unglaubwürdig, wie ihre sexuellen Gehversuche zum Fremdschämen ausfallen. Da Schomburg nichts unternimmt, dies filmisch aufzufangen, kommt ein performativer Kurzschluss dabei heraus – ein unfreiwilliges Behindertendrama mit dadaistischen Worthülsen-Dialogen.
Dennoch besitzt dieses Unwohlfühl-Produkt eine interessante Kernkonstellation: Fremd in seinem eigenen Körper und Leben zu sein. Der Ausspruch „Lena F. ist nicht hier“ stellt Identitäts-Konzepte radikal in Frage, wenn eine Intellektuellen ein kindliches Flittchen wird. Sie ist ein anderer Charakter geworden, vollführt wie ein „Body Snatcher“ die Mimesis, die Anmaßung ihres früheren Ichs. Man sieht beim Häuten der Schlange zu.
Das ist bizarr, aber magielos, wie mit künstlicher Naivität verzerrt, immer dann komisch, wenn es besonders ernst und kunstvoll wirken soll. Dabei schlägt das spröde Spiel aus seinem eigentlich schlagenden Sozial-Experiment keinerlei Kapital. Es hätte ein brillantes Vexierspiel auf vielen Ebenen werden können, so ist es, nun ja, einfach nur ein sehr deutscher Film geworden. Die Bücher von Olver Sachs sind da viel spannender.
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