Oculus

Klassisches Gänsehautgarn: Solide Horrormystery, die geschickt einen Traumathriller um einen verfluchten Spiegel webt.

Oculus Cover

Mike Flanagan, USA 2013
DVD/BD-Start: 26.11.2014
Story: Vor elf Jahren ermordete Tims Vater seine Frau, wofür der Junge ihn erschoss. Nun wird der 21-jährige aus der Psychiatrie entlassen, wo ihn seine Schwester Kaylie erwartet. Sie hält einen alten Spiegel für die Ursache der Verbrechen und will Tim im leerstehenden Elternhaus ihre Theorie beweisen.
Von Gnaghi

Mika Flanagan ließ vor drei Jahren mit der No-Budget-Mystery „Absentia“ aufhorchen, dessen rohen Look er nun gegen ein geschliffenes Design eintauscht. Er baut seinen eigenen Kurzfilm auf Spielfilmlänge aus und verlegt sich dabei von mehreren geplanten Episoden auf nur eine. Diese nimmt Anleihen bei „Into the Mirror“ und dessen Remake „Mirrors“ in einem psychologischen Kammerspiel mit unheimlicher Atmosphäre.

Anders als Alexandre Ajas Spiegel-Splatter verzichtet Flanagan auf Blutrünstigkeit und setzt ganz auf einen gemächlichen, sorgfältigen Aufbau und ein Setting der Bedrohlichkeit. „The Walking Dead“-Kameramann Michael Fimognari liefert dunkelsamtige Nachtfarben, aber das Vexierspiel um einen unzerstörbaren Fluchspiegel aus dem 18. Jahrhundert mit leichenreicher Vergangenheit löst das Versprechen seiner Prämisse nie richtig ein.

Die Grundidee klingt innovativer, als sie umgesetzt wird

Trotz aufgedrehter Bassfrequenzen und tief dröhnenden Resonanzen wird „Oculus“ nie so intensiv und furchterregend, wie der Trailer suggeriert. Extremschrecken, wie in „The Conjuring“, „Insidious“ oder „Sinister“ zu erleben, bleiben aus, weshalb das erstaunlich vorhersehbare und formelhafte Werk deutlich weniger im Gedächtnis bleibt, weil es weder sonderlich spannend noch nennenswert Angst einflößend ausfällt.

Obwohl Flanagan in der Mitte beginnt und dann mit einer Rückblendenstruktur aus permanenten Perspektiv- und Zeitwechseln gekonnt oszilliert, fesseln in dem Geflecht weder Charaktere, noch die sorgfältig errichtete Story, die kunstvoll die Wahrheit der Familientragödie entblättert und viel Zeit darauf verwendet, das Übernatürliche zu beweisen, sowie Kinder in Gefahr zu inszenieren (mit unnötigen Flasche-Alarm-Schocks).

Löst das Versprechen seiner Prämisse nie richtig ein

Die Grundidee, dass der Spiegel mit Illusionen und Täuschungen die Figuren derart verwirrt, bis sie nicht mehr wissen, was real ist und sich gegenseitig umbringen – „Battlestar Galactica“-Starbuck Katee Sackhoff und Rory Cochrane („Argo“) als Eltern gehen sich unter dem bösartigen Einfluss des Spiegels in „Shining“-Art an die Gurgel und werden Dämonen mit reflektierenden Augen -, klingt innovativer, als sie umgesetzt wird.

Das gilt auch für das unbefriedigende Ende und die viel zu rasch durchlaufene Historie. Nicht nur die Geschichte hätte wirklich elaborierter ausfallen dürfen, auch fehlen Figuren, mit denen man fühlen und leiden kann. Und fiese Details wie der Biss in eine Glühbirne sind viel zu rar gesät. Somit bleibt ein technisch und handwerklich überdurchschnittlicher Spuk-und-Wahn(sinn)-Horror, der viel besser hätte sein können.

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