The Babadook

Erst Mutter-Sohn-Psychodrama, dann Bogeyman-Terror: streckenweise unheimlicher, oft aber unentschlossen-komischer Indie-Horror.

The Babadook Cover

Jennifer Kent, AUS 2014
Kinostart: 07.05.2015, DVD/BD-Start: 18.09.2015
Story: Fast sieben Jahre, nachdem ihr Gatte auf dem Weg zum Kreißsaal starb, ist die gutmütige Witwe Amelia mit ihrem hyperaktiven Sohn Sam überfordert, der andere Kinder verletzt und dafür gemobbt wird. Als sie ihm eines Abends aus einem unbekannten Kinderbuch vorliest, sucht Sam ein Schreckgespenst heim.
Von David McAllan

Wäre Jennifer Kents Expansion ihres eigenen Kurzfilms „Monster“ nur ein psychologisches Mutter-Sohn-Drama, bei dem der titelgebende Buhmann als Symbol für Trauer und Wut einer dysfunktionalen Restfamilie fungiert! Kent will aber Unheimlichkeit und Heimsuchung, schafft es jedoch einfach nicht, aus einem Kinderbuch eine echte Bedrohung zu destillieren. So erhält ihr Hybride aus Spuk und Drama etwas absurd Komisches.

Das Design des schön-schaurigen Kinder-Klappbuchs stammt von Alex Juhasz, die Figur gleicht einem Scherenschnitt-Nosferatu und verbeugt sich vor Georges Méliès’ „The Magic Book“ von 1900 (der im Fernsehen läuft). Diese eher lustige als furchteinflößende Variante des Bogeymans, Babadook genannt, schleicht sich vorwiegend suggestiv statt spekulativ in ein teils Zwei-Personen-Psychodrama in einem alten Knarzhaus.

Rollen sind unvorteilhafte Extreme

Essie Davis und Noah Wiseman spielen wirklich gut, ihre Rollen sind aber unvorteilhafte Extreme: Eine durchsetzungsschwach-sanfte, frustrierte Jungwitwe ist hilflos einem nervtötendem, hyperaktiven Chaoskind ausgeliefert, das für sich selbst und andere eine ernstzunehmende Gefahr ist und zwischen Angst- und Aggrozuständen schwankt, die sich nach Vorlesen der falschen Gute-Nacht-Geschichte als externer Terror manifestieren.

Dazwischen beginnt Kent immer wieder eine Spießer-Satire, wenn Amelias unsympathische Schwester und ihre Brut in Todd-Solondz-Manier gegen Sam hetzen. Der vergrault Amelias spärliche Sozialkontakte, während sich die Übernächtigte weigert, ihrem Gör einen dringend notwendigen Realitäts-Check sowie Erziehung angedeihen zu lassen. Für eine so verdrießliche Tour de Force reichen weder Empathie noch Glaubwürdigkeit.

Lernen, mit dem Monster zu leben

Kents Script macht aus der desorientierten Mutter dann kurzerhand eine Jack-Torrance-Wahnsinnige, was verrückt und grotesk, aber nicht gerade beklemmend gerät. Wenigstens zahlt sie es ihrem stupiden Fratz damit ordentlich heim. Es folgen „Poltergeist“-Attacken und schließlich führt der waffengeile Knirps einen „Kevin allein zu Haus“-Feldzug gegen den Schattenmann: Comedy und Psychothrill im unentschlossenen Wechsel.

Der sorgfältige Indie-Look ist gestalterisch wie inszenatorisch dafür aufwendig und der ausgesuchte Unbehaglichkeits-Grusel teils richtig gut. Kent müht sich um eine originelle Form, nutzt diese aber auch übertrieben. Wenn der Babadook in den Keller gesperrt und gefüttert wird, haben beide gelernt, mit dem Monster zu leben – eigentlich ein formidables Ende wie für ein Polanski-Thriller. Wenn es bloß ernst zu nehmen wäre wie „It Follows“.

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