James Bond 007 – Spectre

Bond Nr. 24: Fast schon ein Charakterdrama mit gelegentlichen Action-Ausbrüchen – souverän, aber kaum sonderlich mitreißend

James Bond 007 – Spectre Cover

Spectre, Sam Mendes, GB/USA 2015
Kinostart: 05.11.2015, DVD/BD-Start: 03.03.2016
Story: Als James Bond in Mexiko City einen Sprengstoffanschlag vereitelt, nimmt dies sein neuer Chef Denbigh zum Anlass, das Doppelnull-Programm zugunsten globaler Überwachungstechnik abzuschaffen. Mit der schönen Madeleine kommt Bond den Machenschaften einer Terrororganisation auf die Spur.
Von Max Renn

Der vierte Bond mit Daniel Craig könnte sein Letzter sein, wenn man seinen Interviewaussagen und der intimen Struktur von „Spectre“ folgt, der gegenüber dem Reboot „Casino Royale“ die Action fast eliminiert und das Charakterdrama wie zuletzt in „Skyfall“ ausweitet. Die Vollendung vieler Handlungsstränge schließt die Craig-Tetralogie ab, auch wenn „American Beauty“-Regisseur Sam Mendes keine emotionalen Beben auslöst.

Obschon er sich 148 Minuten lang darum bemüht, gemäß des Trends, Blockbuster zu psychologisieren. Die fortschreitende Nolanisierung von Comicfiguren (siehe „The Dark Knight“) und der Zwang zur Tiefe und Ernsthaftigkeit endet wohl selbst bei einem Pulphelden wie Bond eines Tages noch in einem Therapie-Kammerspiel. Eines, das um des Spektakels Willen nur mehr zwei größere Action/Stunt-Shows aufbietet.

Fortschreitende Nolanisierung von Blockbustern

Die „Bourne“-Einsätze und die letzten beiden „Mission: Impossible“ kaufen dem Geheimagenten inzwischen den Entertainment-Schneid ab, der sich dennoch zu positionieren weiß: Mendes zelebriert den Hedonismus-Glanz samt Accessoire-Werbewelt mit der Lizenz zum Töten gleichermaßen wie den gebrochenen Schmerzensmann in einer Totalüberwachungswelt. Tradition und Moderne konfligieren und Craig ist das Scharnier dazwischen.

Blass und verkniffen einerseits, aber auch entschlossen und elegant, nimmt er den Auftrag der ermordeten M an, um mit Vertrauenspersonen heimlich die Hintergründe aufzuklären und persönlichen Intimfeinden sowie einer globalen Überwachungskrake das Handwerk bei der feindlichen Übernahme zu legen. „Spectre“ bemüht sich um persönliche Nähe zu und Kontinuität von Bonds Figur – nur leider lässt er einen ziemlich kalt dabei.

Spagat zwischen alter Schule und Zeitgeist

Der Spagat zwischen alter Schule – etwa Christoph Waltz als Superschurke und natürlich wahnsinniger Sadist mit austauschbaren Motiven – und Zeitgeist – mal wieder Big Data – ist amüsant und mit wohlplatziertem Humor ausgeführt, reißt aber nie mit. Monica Bellucci („Irréversible“) ist verschenkt, Dave Bautista („Riddick“) ein rabiater Wandschrank und Léa Seydoux („Die Schöne und das Biest“) spielt klar auf Augenhöhe.

Das soll nun der teuerste Bond sein (kolportiertes Budget: 300 Millionen Dollar)? Unerklärlich.

imdb ofdb

3 Gedanken zu „James Bond 007 – Spectre“

  1. Unerklärlich, genau! Selten bin ich mit so schlechter Laune aus einem Film gegangen wie aus diesem.

  2. Ich hatte nach SKYFALL definitiv mehr erwartet. Dass QUANTUM inhaltlich kein Bringer war, konnte man damals noch auf den Drehbuchautorenstreik schieben, aber die Ausfälle bei SKYFALL sind absolut nicht zu erklären. Kaum ist M (also Judi Dench) tot, kehrt Bond wieder zu alten Mustern zurück. Die Frauen sind wieder nur Sexspielzeug, die Bösewichte sind ganz einfach zu finden, wieder viele schöne Gadgets… *seufz* Ich weine CASINO ROYALE und SKYFALL hinterher…

    Hier meine Review: https://filmkompass.wordpress.com/2015/11/06/james-bond-spectre-2015/

  3. 2 cents:
    Den Auftritt von Bellucci mit “verschenkt” zu beschreiben, ist noch sehr wohlwollend formuliert (“Don’t go, James!” – WHAT??!!).
    Die erste Hälfte des Films zeichnet ein hervorragendes Pacing aus, um nach der Halbzeit schon ein paar Mal einen Blick auf die Uhr zu bemühen.
    Christoph Waltz wirkt in seiner Rolle des Oberhauser gelangweilt, vielleicht war er unterfordert oder hat es einfach nicht verstanden. Einfach lächerlich seine Performance. Somit der erste Bond ohne echten Oberbösewicht.
    Ben Whishaw alleine ist den Film wert, sowie einige top platzierte One-Liner – vielleicht mit die besten des Jahres (zumindest im englischen Original).
    Die Kameraarbeit von Hoyte van Hoytema ist atemberaubend und somit heraussragend.
    Die “Nolanisierung” findet ohne wirkliche emotionale Einbindung der Hauptcharaktere statt und versandet, ebenso wie ganze Sequenzen an Schneideraummaterial aus dem Finale von QUANTUM OF SOLACE scheinen, womöglich keinesfalls beabsichtigt.
    Craig setzt routiniert Duftmarken und verabschiedet sich ehrbar aus dem Franchise, auch wenn SPECTRE wie ein “Malen-nach-Zahlen”-Bond daherkommt; ein Film mit Nutella-Momentum: man bekommt, was draufsteht. Aber nicht mehr.

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