ohne deutschen Start
Für sein Regiedebüt „Les cowboys“ hat Frankreichs profilierter Drehbuchautor Thomas Bidegain, bekannt für Werke wie „Ein Prophet“ oder „Der Geschmack von Rost und Knochen“, John Fords berühmten Western bzw. Alan Le Mays Vorlage in die heutige Zeit transferiert. Seine viele Jahre umspannende Odyssee legt den Finger auf eine Wunde, wenn aus Indianern radikale Muslime in der Ära vor und nach dem 11. September werden.
Komplex, subtil, anspruchsvoll findet in „Les cowboys“ der Kampf der Kulturen innerhalb einer Familie statt, wenn die Tochter womöglich aus freien Stücken, vielleicht als Kidnappingopfer die denkbar totalste Entfremdung durchläuft und einfach auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Elemente von „Prisoners“ und „L.A. Crash“ tauchen auf, wenn François Damiens („Verstehen Sie die Béliers?“) die John-Wayne-Rolle übernimmt.
Zunächst konzentriert sich Bidegain auf das Psychogramm dieses Vaters, dessen finstere Entschlossenheit jeden zurückstößt, er besessen, engstirnig und feindselig sich und seine Familie ruiniert. Behörden und der Vater von Ahmed, Kellys Freund, verweigern die Unterstützung. Alain irrt jahrelang durch feindliches Terrain, bis Kellys jüngerer Bruder Georges/Kid die Suche fortsetzt, die bis ins Land der Taliban (Cameo: John C. Reilly) führt.
Überraschende Wendungen wecken trotz das unspektakulären Stils Emotionen, weil sich Lebensläufe über (unvereinbare?) Kulturen hinweg kreuzen, weil man oft genug an seine eigenen Grenzen stößt oder Vorurteile/Ängste vorgeführt bekommt. Das Melodram darüber, wie zwei Jahrzehnte die Menschen und ihre Einstellungen verändern, ist keines, was auf Effekt aus ist, sondern eines, das hintergründig, aber doch spürbar nachhallt.
imdb ofdb