Brimstone

Charakterstars entfachen in dem bildwuchtigen, eindringlichen und düsteren Arthaus-Western/Gewaltdrama ein misogynes Martyrium

Brimstone Cover

Martin Koolhoven, NL/F/D/B/S/GB/USA 2016
Kinostart: 30.11.2017
Story: Die stumme Hebamme Liz floh in eine entlegene Siedlung im Wilden Westen vor ihrer Vergangenheit, bis sie davon in Gestalt eines teuflischen Reverends wieder eingeholt wird: Der vernarbte Prediger hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Familie zu töten und sie für vermeintliche Sünden zu bestrafen.
Von Thorsten Krüger

Mit seiner internationalen Produktion „Brimstone“ legt der Niederländer Martin Koolhoven („Mein Kriegswinter“) ein derart ungemütliches Exerzitium von Perversion und Sadismen gegen Frauen hin, dass man sich in einer Art Heimsuchung wähnt – so als hätte Lars von Trier („Antichrist“) den Western „Das finstere Tal“ verfilmt. Handwerklich ist das großartig, aber in jeder Hinsicht too much und letztlich ungenießbar.

Zweieinhalb Stunden in nicht-linearen Bibelkapiteln watet Koolhoven durch Dreck und Gedärm, nutzt Western-Motive (insbesondere die Blutrache), um zunächst wie kraftvolles Historienkino anzumuten, ein Arthausdrama in dunkler Naturpalette aus einer Zeit, in der frau kämpfen muss, um zu überleben. Die Begegnung von Liz (Dakota Fanning aus der „Twilight“-Reihe) und dem Reverend (Guy Pearce, „Prometheus“) ist elektrisierend.

Unerbittliche Logik eines Traktats

Beide spielen klasse und intensiv und auch andere Stars wie Kit Harington und Carice van Houten (beide aus „Game of Thrones“) können sich sehen lassen. Die Begegnung einer Unschuldigen mit einem Wolf im Schafspelz, einem Engel des Todes, der sie zerstören will, trägt metaphysische Züge. Koolhoven verleiht der Bedrohung übernatürliche Züge, erinnert darin an „The Witch“, versteigt sich aber immer mehr in eine finstere Parabel.

„Brimstone“ geht mit alttestamentarischer Unbarmherzigkeit und Wucht vor, entpuppt sich als bisweilen rückwärts erzählte Passionsgeschichte, die mit der Passivität der weiblichen Opfer schwer erträglich wird und Frauenschicksale zeigt, deren Nachvollziehbarkeit immer mehr bröckelt und der unerbittlichen Logik eines Traktats weicht. Ein Traktat worüber? Dass Pfaffen wahre Teufel sind? Dass Bibelfanatismus eine Geisteskrankheit ist?

Das ist pure Exploitation

Gut möglich. Aber das mit einer Grimmigkeit, die Bigotterie, Selbstgerechtigkeit und Wahnsinn als Mord, Folter, Inzest und Verstümmelung auswälzt. Sorry, das ist pure Exploitation! So verliert „Brimstone“ immer mehr an Kraft, Anleihen bei „Deadwood“ oder Clint Eastwoods „Unforgiven“ weichen frustrierenden Teufeleien. Da packen erschütternde Storys wie von „Salvation“, „The Homesman“ oder „Gold“ weit mehr.

imdb ofdb

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