Atom-Alptraum Korea: Kalter-Kriegs-Thriller um Leiden und Freundschaft eines Brudervolkes im Angesicht der nuklearen Vernichtung
Gangcheolbi, Yang Woo-seok, ROK 2017
ohne deutschen Start
Story: Als der nordkoreanische Geheimagent Chul-woo Eom in der Sonderwirtschaftszone Kaesong ein Ziel liquidieren soll, richten zwei US-Raketen ein Massaker an. Mit dem schwer verletzten Führer persönlich flieht Eom nach Süden, wo er mit Staatssekretär Chul-woo Kwak einen Atomkrieg abzuwenden versucht.
Von Caroline Lin
Unserem aktuellen Mini-Cold-War-Revival mit eher mageren Ergebnissen wie „Atomic Blonde“ und „Red Sparrow“ setzt der südkoreanische Drehbuchautor/Regisseur Yang Woo-seok („The Attorney“) den packenden, beklemmenden wie bewegenden Action-Blockbuster„Steel Rain“ entgegen, der nicht nur alle Register eines Hochspannungswerks souverän beherrscht, sondern auch die menschliche Dimension des geteilten Volkes.
Ein Mann wird gejagt: Im erst zweiten Spielfilm nach seinem erfolgreichen Schulhorrorthriller „Death Bell“ von 2008 unternimmt der ehemalige Musikvideoregisseur Yoon Hong-seung, der sich der Einfachheit halber Chang nennt, den seltenen Fall eines Asien-Remakes einer französischen Thrillerhatz, Fred Cavayés wendungsreich-atemlosen „Point Blank – Aus kurzer Distanz“, der 2011 auf dem Fantasy Filmfest lief. Wie eine andere kürzliche Fernost-Fassung eines okzidentalen Originals, die Samurai-Moritat „The Unforgiven“ nach Eastwoods „Erbarmungslos“, weiß auch die südkoreanische Interpretation einer gallischen Verfolgungsjagd ihre Akzente zu setzen und Cavayé knapp auszustechen.
Der Südkoreaner Kim Sung-su, Regisseur des explosiven Jugendgewaltdramas „Beat“ und der nationalerbaulichen Historienschlachtplatte „Musa – The Warrior“, hat nach zehnjähriger Schaffenspause einen mit extra-dümmlichen Humor versalzenen Blockbuster nach Roland-Emmerich-Art für ein sichtbares Sümmchen Won aufgestellt. Nach asiatischer Sitte handelt er einen Vogelgrippe-Ausbruch ab, ein H5N1-Killervirus, den illegale Einwanderer Mitte 2014 im Bevölkerungszentrum Bundang einschleppen. Erst fliegen die ausgehusteten Tröpfchen, danach Blut, schließlich die Kugeln eines brutalen Staatsapparats, der seine Armee ein Massaker an der panischen Bevölkerung verüben lässt.