DVD/BD-Start: 03.12.2013
Im Biopic des ersten Porno-Superstars Linda Lovelace dominiert die Perspektive eines Ehegewaltdramas. Dieses erzählt die Leidensgeschichte einer Naiven, die von ihrem Mann mit Zuhältermethoden über viele Jahre gefangen gehalten, geschlagen, vergewaltigt und verkauft wird, bis ihr desillusioniert Selbstbefreiung und Rückkehr ins bürgerliche Leben gelingen.
Das Regie-Duo Robert Epstein und Jeffrey Friedman („Howl“) punktet mit superben Produktionsdesign – authentische Ausstattung und Garderobe, viel Rockmusik und genuiner Filmmaterialästhetik – und zahlreichen bekannten Gesichtern bis in kleinste Nebenrollen. Oft sind diese aber verschenkt wie Juno Temple, oder kaum erkennbar, wie Sharon Stone als bigotte Moralmutter, die Linda die Unterstützung in der Not versagt.
Grandios ist jedenfalls Amanda Seyfried („Les Miserables“), die es schafft, das dumme Hühnchen, das aus einem schönen Partytraum als verängstigtes Prügelopfer aufwacht, als liebenswerte Sympathieträgerin zu verkörpern und viel Empathie zu erzeugen: 17 Tage im Pornogeschäft, für ein Leben gezeichnet und mit 1250 Dollar an den 600 Millionen (!) Einnahmen abgespeist. Ein femininer Ansatz, der nach ihrem Buch Ordeal einer Opferdramaturgie folgt, die oft schwer zu ertragen ist (nicht wegen der mäßigen Gewalt, sondern ihrer passiven Reaktion) und beim Zusehen frustriert, zumal sie sich so unbedarft verhält, dass es schmerzt.
Das hat mit der Realität wenig gemein: Alles, was charakterlich einen Schatten auf sie werfen könnte, wurde ausgeblendet (und da gibt es einiges). Auch sparen Epstein/Friedman den Gesellschaftsskandal und die Medienhysterie aus, sondern feiern fröhlich die sexuelle Revolution einer jungen Frau, die aus dem puritanisch verlogenen und prüden Vorort-Elternhaus ausbricht.
Anders als das schillernde Porno-Panorama „Boogie Nights“ taugt „Lovelace“ kaum mehr als zum kleinformatigen Sittengemälde. Auch die Mafia-Verbindungen bleiben unerwähnt in einem sauberen Film, der jugendfrei mit locker-frivolen sowie ein paar komischen Szenen der Pornoindustrie begegnet, aber kaum sonderliche Einblicke in die Hintergründe gewährt.
Da muss man sich schon „Inside Deep Throat“ ansehen. Doch diese zwar geglättete, gleichwohl nie vermessene Version hat durchaus ihre Vorzüge, ist vorwiegend leichte Kost mit nachdenklichem Touch und lebt von der emotionalen Leistung Seyfrieds, die es schafft, dass einen die tragische Geschichte der 2002 in einem Autounfall gestorbenen Linda Lovelace bewegt.
http://www.youtube.com/watch?v=sbW2M33mQQA