Schlagwort-Archive: Coming of Age

Mustang

Wunderbar sensibles und berührendes, sommerliches Coming of Age um fünf Mädchen, die vom Patriarchat eingeschlossen werden

Mustang Cover

Deniz Gamze Ergüven, TR/F/Q/D 2015
Kinostart: 25.02.2016, DVD/BD-Start: 14.09.2016
Story: Nach dem Tod ihrer Eltern ziehen Lale und ihre vier älteren Schwestern zu Onkel und Oma in ein kleines Dorf an der türkischen Schwarzmeerküste. Der sommerlichen Idylle stehen strenge Verbote gegenüber, die die Mädchen im Haus regelrecht einkerkern und eine nach der anderen zwangsverheiraten.
Von Thorsten Krüger

Deniz Gamze Ergüvens empfindsamen Debüt wohnt ein Zauber inne, der an Sofia Coppolas „The Virgin Suicides“ anschließt und den unbändigen Freiheitsdrang fünf heranwachsender Mädchen beschreibt, die mit langen „Mustang“-Mähnen Lebenslust verströmen und zu sterben drohen, wenn man sie einsperrt. Das sanft Feingefühl, die großartige Atmosphäre und die fünf fabelhaften Nachwuchs-Mimen berühren das Herz.

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All the Wilderness

Bezauberndes Coming of Age, in dem ein verträumter Pubertierender einen morbiden Schock überwindet

All the Wilderness Cover

Michael Johnson, USA 2014
ohne deutschen Start
Story: Der Selbstmord seines Vaters hat James aus der Bahn geworfen. Seine trauernde Mutter ist keine Hilfe, so streift James erst durch den Wald, später durch die Stadt, wo der vom Tod faszinierte Junge durch die Freundschaft des gleich alten Musikers Harmon und Val die Wildnis in sich selbst verlassen kann.
Von Thorsten Krüger

Die Wildnis, wo alles hingeht, zum Leben und zum Sterben, steckt in jedem von uns, wo sie unermüdlich wartet und wütet. Sie hinter sich zu lassen, ist die Aufgabe von Michael Johnson selbst verfassten Indie-Debüt. Und „All the Wilderness“ löst das sensibel-humanistisch, ganz traumhaft die Wunder und die Angst der Jugend beschwörend, ihren Esprit und ihre Musik, als introspektive Verarbeitung einer schweren Verlusterfahrung.

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Metalhead

Wiederholt nahegehendes Coming-of-Age um eine traurige Teenie-Braut, die ihren Schmerz in einem isländischen Kuhdorf hinausschreit.

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Málmhaus, Ragnar Bragason, IS 2013
DVD/BD-Start: 28.11.2014
Story: Als Hera 12 ist, wird ihr angebeteter Bruder durch einen Mähdrescherunfall aus dem Leben gerissen. Hera übernimmt seine Persona – Lederjacke und E-Gitarre -, um Trauer und Wut mit Heavy-Metal-Riffs auszudrücken. Nach Ende ihrer Schulzeit nimmt ihre Rebellion destruktive Ausmaße an.
Von Gnaghi

Erbaulich-Rührseliges für die Wacken-Fraktion sendet einer der profiliertesten Regisseure Islands, Ragnar Bragason („Fiasko“, „Kinder“), in den Äther: Die traurige Rebellion eines missverstandenen Teenagers (zum Niederknien: Thora Bjorg Helga aus Baltasar Kormákurs „The Deep“), ein in wenigen Strichen genau getroffenes Coming of Age eines Schwarzen Schafs im ländlichen Spießer-Milieu mitten in den 80er Jahren.

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When Animals Dream

Die Schöne ist das Biest: unaufdringlich-einfühlsame Arthaus-Mystery um die Reifung eines Mädchens zum Werwolf.

When Animals Dream Cover

Når dyrene drømmer, Jonas Alexander Arnby, DK 2014
Kinostart: 21.08.2014, DVD/BD-Start: 08.01.2015
Story: Die 16-jährige Marie lebt in einem Fischerdorf auf einer entlegenen Insel im Norden Dänemarks bei ihrem repressiven Vater. Liebevoll pflegt sie ihre gelähmte Mutter und beginnt in der Fischindustrie zu arbeiten, wo ihr Ablehnung entgegenschlägt. Menschen verschwinden – und Marie verändert sich.
Von Thorsten Krüger

Was die „Ginger Snaps“-Trilogie als Girl-Splatterdrama ausführt, webt der Däne Jonas Arnby, Requisiteur bei Lars von Trier, als filigranes Coming of Age, dessen feminine Sicht auf die Lykanthropie als Aufbegehren gegen patriarchale Repression unter dem spürbaren Stileinfluss von „So finster die Nacht“ steht. Sensibel und kunstvoll entwickelt Debütant Arnby ein berauschend-kühles Psychohorrordrama, das nicht nur Allegorie bleibt.

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Boyhood

Einzigartiges Coming of Age: Richard Linklaters Längsschnitts-Studie über eine Kindheit und Jugend ist phänomenal.

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Richard Linklater, USA 2014
Kinostart: 05.06.2014, DVD/BD-Start: 06.11.2014
Story: Der 6-jährige Mason lebt mit der zwei Jahre älteren Schwester Samantha bei seiner alleinerziehenden Mutter. Den von ihr geschiedenen Vater sieht er nur zu Ausflügen am Wochenende und zieht mit der Mutter nach Texas. Im Heranwachsen begegnet Mason Stiefvätern, Freuden und Nöten einer Jugend.
Von Max Renn

Von 2002 bis 2013 verfolgte Indie-Urgestein Linklater ein cineastisches Experiment: In einer Langzeitbeobachtung, wie man sie sonst nur aus Dokumentarfilmen wie „Die Kinder von Golzow“ kennt, sah er 12 Jahre denselben Darstellern zu, wie sie heranreiften (seine Tochter Lorelei, Ellar Coltrane) und älter wurden (Patricia Arquette, Ethan Hawke) – die berührende Beobachtung einer prototypischen Patchwork-Familie.

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Scialla!

Römische Vater-Sohn-Komödie, die charmant-locker wie ernsthaft Erwachsenwerden und Midlifecrisis gleichzeitig aufarbeitet.

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Scialla!, Francesco Bruni, IT 2011
Kinostart: 24.04.2014
Story: Wenn der alleinstehende Lyriker Bruno nicht für Pornostars dröge Biografien schreibt, hält er sich mit Nachhilfestunden über Wasser. Da eröffnet ihm die Mutter seines faulsten Kunden, dem 15-jährigen Tagträumer Luca, dass dieser sein Sohn sei und doch bitte die nächsten Monate bei ihm wohnen solle.
Von Thorsten Krüger

„Scialla!“ – immer locker bleiben, verkündet das verschmitzte Regiedebüt von Drehbuchautor Francesco Bruni („Das ganze Leben liegt vor dir“), der seinem in touristenfernes wie lebensnahes Rom-Milieu getauchtes Coming of Age zweier von Nachlässigkeit und Faulheit geprägter großer Jungs auch märchenhafte Züge verleiht. Trümpfe sind einnehmender Charme, der moderat originelle Ablauf und eine Ode an die Bildung.

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Gabrielle

Musikalisches Coming of Age um zwei geistig Behinderte, die ihre Liebe gegen gesellschaftliche Vorurteile behaupten müssen.

Gabrielle Cover

Louise Archambault, CA 2013
Kinostart: 24.04.2014, DVD/BD-Start: 05.09.2014, DVD/BD-Start: 03.09.2014
Story: Gabrielle ist 22, hat das Williams-Beuren-Syndrom und lebt in einer betreuten Wohnanlage. Im Chor lernt die musikalisch Hochbegabte den am gleichen Syndrom leidenden Martin kennen. Sie verlieben sich und wollen zusammenziehen, was ihr Umfeld verbietet, speziell Martins Mutter und Gabrielles Schwester.
Von Sir Real

Kanadas Oscar-Vorschlag vom Produzenten-Duo Kim McCraw und Luc Déry („Die Frau, die singt“, „Monsieur Lazhar“) ist ein von Louise Archambault („Familia“) sehr ehrlich gewirktes Behinderten-Liebesdrama um das Recht von WBS-Erkrankten auf eine Intimbeziehung. Die fabelhafte Musik vermittelt gewaltig Gefühle und verstärkt ein authentisch nah an Leben und Erleben orientiertes, dezentes Feel-Good-Movie.

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Ida

Beeindruckendes Filmkunstdrama, das in asketischer Ästhetik eine Novizin auf persönlicher Ebene mit dem Holocaust konfrontiert.

Ida Cover

Pawel Pawlikowski, PL/DK 2013
Kinostart: 10.04.2014, DVD/BD-Start: 10.10.2014
Story: Die 18-jährige Novizin Anna bereitet sich in einem polnischen Kloster 1962 auf ihr Gelöbnis vor, als ihre letzte lebende Verwandte, Tante Wanda, sie treffen will. Sie enthüllt, das Anna jüdischer Abstammung ist und ihre Eltern im Krieg von Bauern ermordet wurden. Beide suchen nach den Gebeinen.
Von Thorsten Krüger

Eine Stunde lang ist die Studie des in Warschau geborenen, ausgezeichneten britischen Regisseurs Pawel Pawlikowski, der zuletzt das poetische Coming of Age „My Summer of Love“ schuf, ein stilles, erschütterndes Meisterwerk, das jenseits narrativer Konventionen ohne Gefühlsdrang den Mord an den osteuropäischen Juden anhand eines bewegenden persönlichen Schicksals aus neuer Perspektive prägnant aufschlüsselt.

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Kreuzweg

Die Passionsgeschichte eines jungen Mädchens quält als minimalistischer Thesenfilm über katholischen Fundamentalismus.

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Dietrich Brüggemann, D 2014
Kinostart: 20.03.2014
Story: Die 14-jährige Maria wird von der katholischen Piusbruderschaft und ihrer knallhart fundamentalistischen Mutter zu reaktionärer Religionsausübung erzogen. Dies, aufkeimende Gefühle für Schulfreund Christian und der Wunsch, sich für ihren kranken Bruder zu opfern, führen zur Katastrophe.
Von Sir Real

In 14 von unbewegter Kamera ungeschnitten gefilmter Kapitel – in Anlehnung an die 14 Stationen von Jesu Kreuzweg – exerziert Dietrich Brüggemann („Renn, wenn du kannst“) in Zusammenarbeit mit seiner Schwester Anna ein formal extrem strenges und ebenso anstrengendes Tableau-Thesen-Drama darüber, wie destruktiv das Gehirnwäschepotenzial des christlichen Fundamentalismus ist, bis zum bitteren Ende durch.

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Labor Day

Kate Winslet schöpft in Jason Reitmans traurig-schönem Liebesmelodram Hoffnung – ein Coming of Age zwischen Utopie und Realität.

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Jason Reitman, USA 2013
Kinostart: 08.05.2014, DVD/BD-Start: 18.09.2014
Story: Die seit ihrer Trennung deprimierte, alleinerziehende Adele und ihr langsam in die Pubertät kommender Sohn Hank nehmen den verletzten Frank mit; er entpuppt sich als entflohener Sträfling, der beide zwar in ihrem Haus festhält, sich aber als sanfter Mann erweist, mit dem sie wieder eine Familie wären.
Von Caroline Lin

Das Paradies zu finden heißt, es zu verlieren: Was als subtil spannender Geiselthriller beginnt, entwickelt sich für drei um ihr Familienglück Betrogene zu einer Sehnsuchtserfüllung, einem wunderschönen Traum, der in der Realität leider keine Chance hat – aber deshalb nicht vorbei ist. Eine Americana, die kunstvoll, bittersüß und atemberaubend gefühlvoll ein Erwachsenwerden am titelgebenden Ferienwochende 1987 ausbedingt.

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The Spectacular Now

Smells Like Teen Spirit: eine berührend-melancholische Coming-of-Age-Romanze, in der nicht nur die Gefühle authentisch sind.

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aka The Spectacular Now – Im Hier und Jetzt, James Ponsoldt, USA 2013
DVD/BD-Start: 20.03.2015
Story: In seinem letzten Highschool-Jahr hat der charmante Gute-Laune-Bolzen Sutter durch einen Fauxpas seine Freundin Cassidy eingebüßt und spielt nun aus Liebesfrust mit den Gefühlen von Strebermädchen Aimee. Er verhilft ihr zu mehr Selbstbewusstsein, wird von eigenen Problemen aber aus der Bahn geworfen.
Von Sir Real

Keineswegs nur einen weiteren Teeniefilm hat James Ponsoldt gestaltet, der Regisseur des Säuferdramas „Smashed“ (dessen Star Mary Elizabeth Winstead eine Nebenrolle bekleidet). Sondern eine klasse gespielte, reife Teen-Dramödie mit Tiefgang, so komisch und sensibel wie die Filme von John Hughes („The Breakfast Club“), mit traumhaften Soundtrack unverstellt-wohlwollend die Weltsicht und Sorgen der Jugend besingend.

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Die Bücherdiebin

Scheiterhaufen und Bombenkrieg: Das Coming of Age eines Waisenmädchens in Nazideutschland ist ein naiver Tearjerker.

Die Bücherdiebin Cover

The Book Thief, Brian Percival, USA/D 2013
Kinostart: 13.03.2014, DVD/BD-Start: 12.09.2014
Story: Kommunistentochter und Analphabetin Liesel kommt 1938 bei Pflegeeltern in Bayern unter, der keifenden Rosa und dem liebenswerten Hans. Sie lernt von gestohlenen Büchern lesen. Als der Krieg ausbricht, leidet die Familie unter Armut wie deutschem Fanatismus und versteckt einen jüdischen Flüchtling.
Von Jochen Plinganz

Dass aus Bestsellern automatisch Premiumkino werden muss, aber nicht automatisch gelungenes, beweist Brian Percivals Adaption von Markus Zusaks gefühlvollen Welthit: Ein „Tagebuch der Anne Frank“ für Beschränkte als unfassbar naiver Tränendrüsen-Schmalz zum Fremdschämen. Diese Dramödie nimmt ungelenkt wie „Der Junge im gestreiften Pyjama“ das Dritte Reich auf dem geistigen Niveau eines Kindes wahr.

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Linda’s Child

Das starke, fantasievolle Teen-Porträt in Gothic-Grundierung überwindet einfühlsam ein Geburtstrauma.

The Truth About Emanuel Cover

The Truth About Emanuel, Francesca Gregorini, USA 2013
DVD/BD-Start: 30.04.2014
Story: Emanuel trägt einen Jungennamen, ist aber eine schwierige 17-jährige, die noch immer am Tod ihrer Mutter im Kindbett leidet. Als sie für ihre neue Nachbarin Linda babysittet, entdeckt sie, dass deren Säugling eine Puppe ist. Sie spielt mit, denn Lindas Art hilft ihr. Die bizarre Situation hingegen birgt Konflikte.
Von Gnaghi

Was in eines Herzensgrunde liegt und geheilt werden muss, findet Francesca Gregorinis in Sundance nominierte, stilvolle Alternativ-Ballade seltsamer Gefühle auf sensible, eindringliche Weise heraus. Fast viktorianisch zart taucht sie in geheimnisvolle Halluzinationen und Vorstellungen einer Suburbia-Teenagerin ein, porträtiert dabei leicht komisch Familie und Umfeld, primär drei Frauen, aber auch drei Männer.

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Carrie

Die Neuauflage von Stephen Kings Debütroman ist ein sensibles Mobbing-Drama, das den Horror Highschool mit Telekinese potenziert.

Carrie Cover

Kimberly Peirce, USA 2013
Kinostart: 05.12.2013, DVD/BD-Start: 04.04.2014
Story: Da ihre verbohrt religiöse Mutter sie nie aufklärte, erlebt die 16-jährige Carrie ihre erste Periode als Schock, was Mitschülerinnen als Video auf Facebook posten. Als Rädelsführerin Chris dafür vom Abschlussball ausgeschlossen wird, plant sie, Carrie dafür mit einem Eimer Schweineblut zu überschütten.
Von Thorsten Krüger

Brian De Palmas Erstadaption von 1976 ist mir als einzige große Peinlichkeit in Erinnerung. Und ich habe mir ihn gestern nochmal angeschaut. Voyeuristische Weichzeichner-Regie, Dekor aus 70ies-Modesünden, unterkomplexe Story und Figuren. Ein Film, der trotz ausnehmend guter Darsteller schlecht gealtert ist – wie viel besser ist da bloß das Remake. (und hey, wie oft kann man das schon sagen?)

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Ender’s Game

Nachdenkliches Science-Fiction-Drama, das die falschen Mittel einsetzt und damit seinen großen Ambitionen nicht gerecht wird.

Ender's Game Cover

Gavin Hood, USA 2013
Kinostart: 24.10.2013, DVD/BD-Start: 06.03.2014
Story: Ausbilder Colonel Graff wacht am Monitor über den Werdegang des schmächtigen Ender, der als Kadett auf einer Raumstation für einen riskanten Präventivkrieg gegen außerirdische Invasoren gedrillt wird. Trotz unfairer Bedingungen und bösartigen Konkurrenten setzt sich das strategische Genie durch.
Von Thorsten Krüger

War Games: Gavin Hood („X-Men Origins: Wolverine“) verfilmt Orson Scott Cards im angelsächsischen Raum beliebten SF-Kultroman als Boot-Camp-Drama auf einer Raumstation, in der Kinder zu Killermaschinen abgerichtet werden, um einen galaktischen Krieg gegen eine vermeintlich aggressive Spezies zu gewinnen. Ein etwas schwerfälliger Ethik-Diskurs über Manipulation, Kriegsverbrechen und Militarismus.

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We Are What We Are

Fine Young Cannibals: Einfühlsames Horrordrama um den Untergang einer Kannibalenfamilie im amerikanischen Hinterland.

 We Are What We Are Cover

Jim Mickle, USA 2013
DVD/BD-Start: 13.12.2013
Story: Als die Mutter an einem Herzinfarkt jäh verstirbt, stehen ihr Witwer und seine drei Kinder vor dem aus. Wer bringt jetzt das Menschenfleisch auf den Tisch? Iris, die älteste Tochter der zurückgezogenen auf dem Land lebenden Familie, soll übernehmen, doch Nachbarn und Behörden werden misstrauisch.
Von Thorsten Krüger

Das Remake von Jim Mickle, der mit geringstem Budget („Mulberry Street“) auf sich aufmerksam machte, hat kaum mehr etwas mit Jorge Graus gleichnamigen Original von 2010 gemein. Er ersetzt die mexikanische Morbidität, die schwül-schmutzigen Gossen und den nihilistischen Kommentar über urbane Armut durch ein sorgfältiges Arthaus-Hinterland-Drama über den Untergang einer Kannibalensippe.

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Exit Marrakech

Unentschlossene Marokko-Reise, auf deren Weg Oscarpreisträgerin Caroline Link viele Möglichkeiten liegen lässt.

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Caroline Link, D/FR 2013
Kinostart: 24.10.2013, DVD/BD-Start: 08.05.2014
Story: Internatsschüler Ben reist aus Bayern nach Marokko, um widerwillig seine Ferien beim fremden Scheidungsvater zu verbringen, der in Marrakesch als gefeierter Theaterregisseur ein Festival inszeniert und sich nicht um den 17-Jährigen schert. So reißt der mit Hure Karima aus, bis ihn sein Vater sucht.
Von Thorsten Krüger

Im Nachhinein wirkt „Jenseits der Stille“ wie ein wunderbarer Ausrutscher und der Auslandsoscar für „Nirgendwo in Afrika“ wie eine krasse Fehlentscheidung. Nicht, dass „Exit Marrakech“ ein schlechter Film wäre. Aber in ihm steckt ein richtig guter, der nur nicht heraus darf. So, wie der Junge aus dem Luxushotel, Kulturkolonialismus und der Kontrolle seines Erzeugers ausbricht, versucht auch die Story aus ihrem formelhaften Roadmovie-Entwurf auszuscheren.

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Not Fade Away

Eine Garagenband scheitert: Musikdrama vom „Sopranos“-Erfinder über den Blues des Erwachsenwerdens und Sixties-Rock’n’Roll.

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David Chase, USA 2012
Kinostart: 26.09.2013
Story: New Jersey in den Sixties: Drummer Doug und seine Teenband träumen vom großen Erfolg. Doch während die Stones rocken und rollen, krebsen die Jungs als namenlose Kellercombo herum. Doug rebelliert gegen den strengen Vater, findet in Grace endlich eine Freundin und entscheidet sich zum Filmstudium.
Von Thorsten Krüger

Wow, dieser Film ist pure Melancholie – aber keineswegs humorlos. Ein Musikdrama mit Seele, übers Erwachsenwerden im New Jersey der Sixties, ein White Man’s Blues zur Zeit von Vietnam und Rassenunruhen. Der bereits 67-jährige „Sopranos“-Schöpfer David Chase erweist sich in seinem Kinodebüt als echtes Nachwuchstalent und verarbeitet Jugenderinnerungen zum Coming of Age, das authentisch Lebensgefühl und Zeitkolorit einfängt.

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Ich fühl mich Disco

Feinsinnig, tragikomisch, ergreifend: (Schlager)Musik und Fantasie transzendieren Pubertätsleiden von Schicksalsschlag bis Coming Out.

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Axel Ranisch, D 2013
Kinostart: 31.10.2013
Story: Der sensible Florian steckt mitten in der Pubertät und ist nur glücklich im Schlagergesangsduett mit seiner unverkrampften Mutter. Als die nach einem Schlaganfall im Koma liegt, muss er sich mit seinem verständnislosen Vater herumschlagen, entdeckt seine Homosexualität und verliebt sich in den Falschen.
Von Thorsten Krüger

Sensationell sensible wie erschreckend echte Tragikomödie aus der „Das kleine Fernsehspiel“-Qualitätsschmiede über das Erwachsenwerden, den Abschied von der Mutterliebe und die Qualen des Coming Out. Rosa-von-Praunheim-Schüler Axel Ranisch beweist in seiner fantasievollen Liebeserklärung an die eigene Jugend, wie frisch, frech und hervorragend deutsches Kino sein kann, wenn man nur spontan und talentiert ist.

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Mud

Großartiger Hinterland-Film-Noir aus den Südstaaten, mit dem Jeff Nichols ein starbesetztes Coming-of-Age dichtet.

Mud Cover

Jeff Nichols, USA 2012
DVD/BD-Start: 05.05.2014
Story: Ellis und Neckbone leben in einer Flusssiedlung in Arkansas. Bei einem ihrer Motorbootausflüge entdecken die Kids den Outlaw Mud, der sich vor Blutrache und Polizei auf einer Insel versteckt. Die beiden Jungs helfen ihm einen Fluchtplan zu schmieden und seine große Liebe zu kontaktieren. Die ziert sich.
Von Max Renn

Ein klasse besetztes und ebenso gespieltes Coming of Age aus dem amerikanischen Süden, das sich eigentlich als handfester Film Noir erweist, hat Jeff Nichols nach eigenem Drehbuch in stilsichere Bilder gegossen, die das ernste Drama dieser Tom Sawyer & Huckleberry Finn, die in eine Selbstjustiztragödie hineingezogen werden, mit unheimlicher Lakonie in naturbelassen fotografierte, herb-schöne Wildnis sublimiert.

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